Das neue Verfahren zur Online-Beglaubigung: Erste Praktische Erfahrungen und Hinweise

Seit dem 1. August 2022 steht das neue Online-Portal der Bundesnotarkammer zur Nutzung bereit. Damit ist unter anderem die notarielle Beglaubigung von Handelsregisteranmeldungen, die Kapitalgesellschaften betreffen, vollständig online möglich. Wie läuft so ein Online-Verfahren genau ab und was gibt es für den Nutzer zu beachten? Ein Erfahrungsbericht.

Von Dr. Patrick Droese, Rechtsanwalt

Das Gesetz zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie (DiRUG) aus August 2021 hat den seit Langem in Deutschland ersehnten Einstieg in die digitale Abwicklung von bestimmten (gesellschaftsrechtlichen) Rechtshandlungen möglich gemacht. Bisher war die Gründung einer GmbH oder einer UG (haftungsbeschränkt) sowie die Abwicklung von Handelsregisteranmeldungen grundsätzlich nur in Verbindung mit der physischen Unterzeichnung vor einem (deutschen oder ausländischen) Notar oder bestimmten anderen Behörden (z.B. einer deutschen Botschaft oder einem deutschen Konsulat) möglich. Bei Ausfertigung vor ausländischen Notaren musste zudem ggf. eine Apostille eingeholt oder für eine Legalisierung gesorgt werden, in der Regel zusammen mit einer Übersetzung ins Deutsche.

Mit dem neuen Online-Verfahren kann der Unterzeichner der Handelsregisteranmeldung nun auch aus der Ferne – gar aus dem Ausland – eine Handelsregisteranmeldung abwickeln. Allerdings sind gewisse technische Voraussetzungen zu beachten.

Für einen Überblick zu sonstigen Neuerungen aus dem Gesetz zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie (DiRUG) und in welchen wichtigen Bereichen eine Digitalisierung leider noch auf sich warten lässt )siehe auch den entsprechenden Beitrag in der GLNS Newsletter-Ausgabe 2/2021).

Technische Voraussetzungen

Aufseiten des Unterzeichners ist ein PC, Laptop oder Tablet mit Kamera und Mikrofon sowie eine stabile Internetverbindung und ein Smartphone mit NFC (Near Field Communication) Funktion erforderlich.

Auf dem Smartphone ist die von der Bundesnotarkammer kostenlos zum Download angebotene Notar-App zu installieren (Download im AppStore oder bei Google Play). Über diese App kann das Online-Verfahren gestartet und durchgeführt werden, samt der digitalen Identifikation an sich. Alternativ kann das Online-Verfahren über den PC direkt auf der Website der Bundesnotarkammer gestartet und durchgeführt werden.

Zudem ist ein geeignetes, gültiges (!) Ausweisdokument mit elektronischer Identifikations (eID)-Funktion erforderlich (Personalausweis, elektronischer Aufenthaltstitel, eID-Karte/Unionsbürgerkarte). Über das Smartphone werden die dort gespeicherten eID-Daten ausgelesen.

Die eID-Funktion ist auf allen Personalausweisen vorhanden, die seit dem 1. November 2010 ausgestellt wurden – somit sind mittlerweile alle heute gültigen Personalausweise mit entsprechender Funktion ausgestattet. Bei Personalausweisen, die bis zum 30. Juni 2017 ausgestellt wurden, ist die eID-Funktion erst noch durch den Inhaber freizuschalten (Hinweise zur Freischaltung sowie zur Ausstellung einen PIN-Briefs sind hier abrufbar). Auf allen seit dem 1. Juli 2017 ausgestellten Personalausweisen ist die eID-Funktion bereits automatisch aktiviert. Sollten die auf dem Personalausweis gespeicherten Daten nicht mehr aktuell sein, ist zu unterscheiden: Handelt es sich lediglich um Adressdaten, so kann der Personalausweis dennoch genutzt werden und die aktuelle Adresse wird im Online-Termin dem Notar oder der Notarin mitgeteilt. Handelt es sich um andere Änderungen (z.B. eine Namensänderung), muss zunächst ein neuer Personalausweis ausgestellt werden, der dann entsprechend genutzt werden kann.

Neben der Identifikation über die eID-Daten, ist dem Notar oder der Notarin zusätzlich ein elektronisch gespeichertes Lichtbild zu übermitteln. Dieses Lichtbild ist auf allen Personalausweisen elektronisch gespeichert, die seit dem 2. August 2021 ausgestellt wurden. Wurde der Personalausweis davor ausgestellt, so muss das Lichtbild aus dem Reisepass ausgelesen werden (dort wird das Lichtbild bereits seit dem 1. November 2005 gespeichert); auch dies erfolgt über die Notar-App mittels NFC-Funktion. Wird also ein vor dem 2. August 2021 ausgestellter Personalausweis genutzt, ist zusätzlich stets ein (gültiger) Reisepass zur Durchführung der digitalen Identifikation erforderlich.

Vor dem Start des Online-Verfahrens wird der Nutzer auf eine Startseite geleitet, auf der die technischen Voraussetzungen nochmal geprüft werden können (etwa Stabilität der Internetverbindung und Funktionsfähigkeit von Kamera und Mikrofon).

Start des Online-Verfahrens

Liegen die technischen Voraussetzungen vor, kann das Online-Verfahren eingeleitet werden. Der Nutzer registriert sich über das Portal der Bundesnotarkammer, wobei in dem Portal Schritt für Schritt durch den Prozess geführt wird – von der Erstellung eines Signaturzertifikats (welches automatisch erstellt wird und Grundlage für die im Termin genutzte elektronische Signatur ist) über das anschließende Auslesen der eID-Daten und die tatsächliche Registrierung als Nutzer bis hin zur Auswahl eines Notars oder einer Notarin und die Anfrage eines Termins zur Online-Durchführung der Beglaubigung.

Das Notariat kann der Unterzeichner allerdings nicht frei wählen. Zur Auswahl stehen nur solche Notariate, die auch örtlich zuständig sind, was sich etwa nach dem Wohnsitz des Unterzeichners oder dem Sitz der betreffenden Gesellschaft richtet. Bei der Registrierung wird dementsprechend nur eine Auswahl der örtlich zuständigen Notariate aufgelistet.

Ablauf des Beglaubigungsverfahrens

Über das Portal wird mit dem entsprechenden Notariat ein Beglaubigungstermin vereinbart, welches sodann einen Einladungslink versendet. Der Termin wird als Videokonferenz im Portal der Bundesnotarkammer durchgeführt und beginnt mit der Identifikation des Unterzeichners mittels der zuvor ausgelesenen eID samt Lichtbild (sei es aus dem Personalausweis oder aus dem Reisepass). Sämtliche Daten werden über die Notar-App an den Notar oder die Notarin übermittelt.

Nach Abschluss der Identifikation wird das zu unterzeichnende Dokument ggf. besprochen und etwaige Fragen können geklärt werden. Sodann wird das Dokument unterzeichnet. Dazu fragt der Notar oder die Notarin über das Portal eine elektronische Signatur an, welche dann von dem Unterzeichner im elektronischen Signaturvorgang durch eine TAN ausgelöst wird, die automatisch per SMS an das Smartphone des Nutzers übermittelt wird. Sobald die Signatur entsprechend freigegeben wurde, wird die qualifizierte elektronische Signatur durch den Notar oder die Notarin auf dem elektronischen Dokument angebracht.

Der Notar oder die Notarin übermitteln die so signierte Datei elektronisch unmittelbar im Nachgang an das Handelsregister. Über eine Push-Mitteilung in der Notar-App wird der Nutzer automatisch über die erfolgte Eintragung informiert.

Fazit

Auch wenn die ersten Versuche im August 2022, Handelsregisteranmeldungen im Online-Verfahren vorzunehmen, zumindest aus unserer Erfahrung, noch erfolglos waren, weil schlicht nicht alle Notariate die technischen Voraussetzungen im eigenen Hause schaffen konnten und/oder seitens der Bundesnotarkammer das Onboarding noch nicht erfolgt war, stellt sich das neu eingeführte Verfahren mittlerweile als echte Erleichterung im Alltag dar. Die nicht selten als eher lästig empfundenen Besuche bei Notariaten für die Leistung einer Unterschrift bleiben erspart. Diese logistische und auch zeitliche Erleichterung zeigt sich gerade auch im Kontext von Unternehmenstransaktionen, die nicht selten mit vielen erforderlichen Handelsregisteranmeldungen verbunden sind (Abberufung alter, Bestellung neuer Geschäftsführer, Eintragung der Erteilung oder des Widerrufs von Prokuren, Änderungen der Geschäftsanschriften u.s.w.).

Es bleibt zu hoffen, dass der Gesetzgeber dazu übergeht, die Möglichkeit der Nutzung von Online-Verfahren weiter auszuweiten. Zumindest für die Durchführung von Satzungsänderungen hat er bereits entschieden, zum 1. August 2023 auch hier die Abwicklung im Online-Verfahren zu ermöglichen. Ob er sich auch dazu durchringen wird, etwa die Beurkundung von Geschäftsanteilskaufverträgen online zuzulassen, bleibt abzuwarten.

Dr. Patrick Droese

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