Simple Agreements for Future Equity: Besonderheiten von SAFEs nach deutschem Recht

Simple Agreements for Future Equity, oder abgekürzt SAFEs, haben in den letzten Jahren im Venture Capital-Markt große Verbreitung gefunden. Die verwendeten Vertragsformen, die häufig an aus den USA stammende Muster angelehnt sind, berücksichtigen aber bisweilen Besonderheiten, die sich nach deutschem Recht ergeben, nicht ausreichend. Ein Überblick.

Von Dr. Daniel Gubitz LL.M., Rechtsanwalt, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Attorney-at-Law (New York)

Simple Agreements for Future Equity (SAFEs) wurden gegen Ende 2013 in den USA entwickelt. Seit ungefähr Mitte 2018 werden SAFEs auch in Deutschland häufiger zur Finanzierung, insbesondere von frühphasigen Start-ups, verwendet. Mittlerweile handelt es sich um ein auch in Deutschland relativ bekanntes und verbreitetes Finanzierungsinstrument.

Bei einem SAFE stellt der Investor dem zu finanzierenden Zielunternehmen Kapital als Vorauszahlung auf den künftigen Erwerb von Anteilen am Zielunternehmen zur Verfügung. Der Investor erwirbt die Anteile dann mit dinglicher Wirkung zu einem späteren Zeitpunkt im Rahmen einer (Eigenkapital-) Finanzierungsrunde, in der größere Beträge, in der Regel von mehreren, häufig institutionellen Kapitalgebern in die Gesellschaft investiert werden.

Ein SAFE eignet sich daher für Konstellationen, in denen recht sicher ist, dass das Zielunternehmen, falls die Anfangsphase erfolgreich verläuft, weiteres Kapital benötigen wird und daher eine spätere Finanzierungsrunde (nach der SAFE-Runde) stattfinden wird. Durch SAFEs werden den finanzierten Unternehmen also in der Regel unkompliziert und ohne langwierige Vertragsverhandlungen Mittel zur Deckung des ersten Finanzierungsbedarfs zur Verfügung gestellt. Von der ersten Kontaktaufnahme des Investors mit dem Zielunternehmen bis zur Einzahlung der Mittel dauert es normalerweise nur wenige Wochen oder sogar Tage. Im Vergleich dazu kann die Durchführung einer Finanzierungsrunde mit Term Sheet-Verhandlungen, Due Diligence und der Ausarbeitung von ausführlichen Beteiligungs- und Gesellschaftervereinbarungen, in denen unter anderem die künftige Corporate Governance des Zielunternehmens detailliert geregelt wird, auch mehrere Monate in Anspruch nehmen. Daneben eignen sich SAFEs auch zur Überbrückung eines Kapitalbedarfs bis zur Finalisierung einer in Aussicht genommenen (weiteren) Eigenkapitalrunde.

In der Regel handelt es sich bei SAFEs also um Risikokapital für eher frühphasige Start-ups. Außerhalb des Venture Capital-Markts kommt die Verwendung von SAFEs dagegen praktisch nicht vor.

In den USA, dem am weitesten entwickelten Venture Capital-Ökosystem, werden für SAFEs meistens Musterverträge verwendet, die nur bezüglich der kommerziellen Bedingungen (Bewertungshöchstbetrag für die Anteile im Rahmen der Finanzierungsrunde, Discount etc.) im Einzelfall verhandelt werden, im Übrigen aber in der Regel nicht weiter angepasst werden. Die bekanntesten Vertragsformen sind die von dem Inkubator Y Combinator (der SAFEs als Finanzierungsform populär gemacht hat) öffentlich zur Verfügung gestellten Musterdokumente.

Inhaltlich sind SAFEs in sehr weiten Teilen mit Wandeldarlehen vergleichbar, bei denen ein vom Investor zur Verfügung gestelltes Darlehen im Rahmen einer Finanzierungsrunde in Eigenkapital gewandelt wird. Viele kommerzielle und rechtliche Fragen stellen sich bei SAFEs in derselben Form wie bei Wandeldarlehen, beispielsweise: Handelt es sich um eine (ein- oder zweiseitig) verpflichtende oder eine optionale Wandlung des Kapitalbetrags in Anteile? Oder: Wie wird das Wandlungsverhältnis bei einer vor der Finanzierungsrunde stattfindenden Exit-Transaktion bestimmt.

Allerdings bestehen, und das wird in der Praxis mitunter übersehen, neben der bei einem SAFE in der Regel fehlenden Zinskomponente auch weitere bedeutsame Unterschiede, auf die nachfolgend eingegangen wird.

Die wesentlichen vertraglichen Besonderheiten

Bei einem SAFE nach deutschem Recht muss einigen Themen besondere Beachtung geschenkt werden. Zum Teil müssen auch entsprechende Anpassungen der gängigen Vertragsformen vorgenommen werden.

a) Gesellschafterzustimmung

Da der SAFE eine Verpflichtung der Gesellschaft zur Ausgabe von Geschäftsanteilen im Falle der Wandlung des zur Verfügung gestellten Betrags in Gesellschaftsanteile enthält, müssen die Gesellschafter der Zielgesellschaft dem Abschluss des SAFE zustimmen. Zudem müssen sie sich verpflichten, die erforderlichen Handlungen und Maßnahmen zur Ausgabe der Geschäftsanteile zum Zeitpunkt der Konvertierung des SAFE vorzunehmen. Die Zielgesellschaft in der Rechtsform der GmbH bedarf nämlich zur Ausgabe von Geschäftsanteilen eines Kapitalerhöhungsbeschlusses, dessen Fassung sie gegenüber ihren Gesellschaftern andernfalls nicht erzwingen kann.

Diese Gesellschafterzustimmung kann entweder durch einen separaten Gesellschafterbeschluss (der vorab gefasst und dem SAFE informationshalber als Anlage beigefügt werden sollte) oder dadurch eingeholt werden, dass die Gesellschafter Partei des SAFE werden und diesen mitunterzeichnen.

Aus der Sicht internationaler Investoren würde eine Mitunterzeichnung durch alle Gesellschafter eher ungewöhnlich wirken. Deshalb ist die Einholung eines Gesellschafterbeschlusses, durch den zudem auch noch dem Abschluss weiterer SAFEs zum Beispiel bis zu einem bestimmten Maximalbetrag zugestimmt werden kann, häufiger und auch zweckmäßiger.

b) Regelung des Wandlungsmechanismus

Die Wandlung des investierten Betrags in Geschäftsanteile erfolgt bei deutschen Zielgesellschaften in der Rechtsform der GmbH beim SAFE in der Regel ähnlich wie beim Wandeldarlehen. Der Investor wird verpflichtet, den Nominalbetrag der erworbenen Anteile in bar einzuzahlen. Hierdurch wird eine Sachkapitalerhöhung mit Bewertung des eingebrachten Gegenstands vermieden. Beim Wandeldarlehen wird die (bedingte) Rückzahlungsverpflichtung als Sachagio in die freie Kapitalrücklage nach § 272 Absatz 2 Nummer 4 HGB eingebracht. Beim SAFE stellt sich die Frage, ob eine solche Rückzahlungsverpflichtung überhaupt besteht. Da zumindest für die Fälle einer freiwilligen oder unfreiwilligen „Dissolution“ in den in der Praxis verwendeten Vertragsmustern eine Rückgewähr des investierten Betrags vorgesehen ist, wird man auch hier von der Einbringung einer Forderung als Sacheinlagegegenstand ausgehen können.

Die gängigen US-Vertragsmuster sehen naturgemäß eine Wandlung in Übereinstimmung mit deutschen Kapitalaufbringungsgrundsätzen nicht vor. Bei Verwendung der US-Vorlagen müssen die Wandlungsbestimmungen, die dort eine „automatische“ Wandlung vorsehen, daher angepasst werden: Eine automatische Wandlung ist nicht möglich. Erforderlich ist stattdessen ein Kapitalerhöhungsbeschluss der Bestandsgesellschafter, der über eine Barkapitalerhöhung mit integrierter oder separater Regelung der Wandlung des investierten Betrags in Eigenkapital als Sachagio erfolgt.

In Bezug auf die vorgenannten Grundsätze der Wandlung verhalten sich die Dinge beim SAFE demnach wie bei einem regulären Wandeldarlehen. Der SAFE sollte allerdings zur Vermeidung eines steuerlichen Ertrags auf der Ebene des Zielunternehmens vorsehen, dass diese Eigenkapitalqualifizierung nach § 272 Absatz 2 Nummer 4 HGB erst bei Wandlung, nicht schon bei Gewährung des SAFE erfolgt.

Für den Fall eines Exits (Change of Control) vor Durchführung einer Eigenkapitalfinanzierungsrunde, die zur Wandlung führt, sehen die US-Vertragsmuster regelmäßig vor, dass im Rahmen der Exit-Transaktion keine Wandlung mehr erfolgt, sondern der Investor durch eine Zahlung so gestellt wird, als habe er Anteile erworben. Diese Regelung und andere Regelungen, die eine schlichte Zahlung statt einer Wandlung mit folgendem Verkauf der Anteile vorsehen, sollten für einen deutschen SAFE angepasst werden. Auf diese Weise werden im Falle von Investoren, die das Schachtelprivileg nach § 8b KStG in Anspruch nehmen können, Veräußerungsgewinne erzielt.

c) Rechtswahl

Insbesondere bei aus den USA stammenden SAFE-Investoren kann es vorkommen, dass diese die Verwendung der gängigen US-amerikanischen Vertragsmuster wünschen, insbesondere um sich und ggf. ihren Beratern den Aufwand für die Einarbeitung in ungewohnte Dokumente und die Einschaltung lokaler (deutscher) Berater zu ersparen.

Die US-Muster enthalten wiederum Verweise auf US-amerikanische Rechtsterminologie und anglo-amerikanische Rechtskonzepte, die nicht wirklich zum deutschen Recht passen. Daher stellt sich die Frage, ob ein SAFE mit einem deutschen Zielunternehmen auch US-Recht, beispielsweise dem Recht des Bundesstaates Delaware, unterstellt werden kann (regelmäßig mit entsprechender Gerichtsstandsklausel).

Meines Erachtens ist dies denkbar, wenn an den US-Vertragsmustern kleinere, aber bedeutsame Anpassungen vorgenommen werden – vor allem weil trotz der Wahl von US-Recht als Vertragsstatut weiterhin deutsches Gesellschaftsrecht anwendbar ist, das unter anderem für die Wandlung und künftige Gesellschafterstellung des Investors relevant ist. Insbesondere sollten die in diesem Beitrag vorgesehenen Anpassungen vorgenommen werden.

Eine andere Frage ist die der Praktikabilität. Aus der Sicht des Zielunternehmens wäre die Wahl von US-Recht weniger problematisch als aus Investorensicht. Der Gesellschaft kommt es in erster Linie auf die fristgerechte Einzahlung des Kapitals an, und wenn es bereits an dieser scheitert, wird sich das Unternehmen regelmäßig schlicht andere Investoren suchen, als sich in Rechtsstreitigkeiten mit Vertragspartnern zu begeben, die bereits zu Anfang der Beziehungen ihren Verpflichtungen nicht nachkommen. Falls aber das Zielunternehmen zum Zeitpunkt der möglichen Wandlung dem Wandlungsverlangen des Investors nicht Rechnung tragen würde, müsste dieser das in Deutschland ansässige Unternehmen nach US-Recht in den USA verklagen, um danach die Wandlung in Deutschland zu vollstrecken. Realistisch gesehen wird es jedoch kaum ein (erfolgreiches) Unternehmen darauf ankommen lassen, sich in den USA verklagen zu lassen und dauerhaft einen Rechtsstreit über den Gesellschafterkreis zu riskieren. Aus diesem Grund kann ein SAFE nach US-Recht für ein deutsches Zielunternehmen auch unter Praktikabilitätserwägungen in Betracht kommen.

d) Notarielle Beurkundung

Wie auch bei Wandeldarlehen stellt sich bei SAFEs die Frage, ob eine notarielle Beurkundung erforderlich ist. Dies kommt insbesondere unter zwei Gesichtspunkten in Betracht:

Eine Mindermeinung in der juristischen Literatur hält eine notarielle Beurkundung aufgrund der in einem Wandeldarlehen oder SAFE enthaltenen Verpflichtung zur Ausgabe von neuen Geschäftsanteilen im Falle der künftigen Wandlung für beurkundungsbedürftig (wenn die Wandlung nicht nach den vertraglichen Bedingungen im Ermessen des Zielunternehmens steht). Während die Frage höchstrichterlich noch nicht entschieden wurde, geht die herrschende Meinung in der Literatur zutreffend davon aus, dass keine Beurkundungspflicht besteht, da es an den Voraussetzungen für einen Analogieschluss fehlt, den die Mindermeinung zur Begründung ihrer Auffassung zieht. Die Rechtspraxis folgt dem zunehmend, so dass eine Beurkundung aus diesem Grund nach meiner Beobachtung nur noch selten vorgenommen wird.

Eine Beurkundungspflicht kommt aber in Betracht, wenn der Vertrag eine Bestimmung enthält, die den Investoren im Falle der Ausgabe von Anteilen einen Beitritt zu einer zwischen den Bestandsgesellschaftern bestehenden, ihrerseits beurkundungsbedürftigen Gesellschaftervereinbarung auferlegt. Eine solche Bestimmung wird bei SAFEs oftmals nicht erforderlich sein. Der Grund: Entweder besteht aufgrund der frühen Phase der Investition noch keine solche Gesellschaftervereinbarung, zu der der Investor beitreten soll,  oder der SAFE wird durch Bestandsgesellschafter gezeichnet, die dort bereits Partei sind (beispielsweise bei einer reinen Brückenfinanzierung).

Möglicherweise kann aber auch in anderen Fällen eine Beurkundungspflicht dadurch vermieden werden, dass der Beitritt nicht als rechtliche Verpflichtung, sondern als Voraussetzung für die Wandlung formuliert wird. Je nach konkreter Ausgestaltung der Konditionen des SAFEs wird man hier auch nicht unbedingt von einer faktischen Beitrittsverpflichtung ausgehen müssen.

Vor dem Hintergrund der vorstehenden Erwägungen wird sich eine Beurkundung des SAFE in den meisten Fällen vermeiden lassen, wobei dies auch stark davon abhängt, ob die Beteiligten und ihre Berater bereit sind, Residualrisiken in Kauf zu nehmen. Jedenfalls lässt sich konstatieren, dass die wesentlichen Risiken eines SAFE-Investments in aller Regel nicht in einer fehlenden Beurkundung liegen dürften.

e) Klassifizierung des SAFE als Fremdkapital

Sowohl bei Wandeldarlehen als auch bei SAFEs handelt es sich um Instrumente, die Charakteristika sowohl von Eigen- als auch von Fremdkapital beinhalten, also um mezzanine Finanzierungsformen. Wegen der angelegten Wandlung des investierten Betrags in Gesellschaftsanteile am Zielunternehmen können beide Vertragsarten als „eigenkapitalnah“ bezeichnet werden.

Bis zum Zeitpunkt der Wandlung sind Wandeldarlehen allerdings zweifelsohne sowohl bilanziell als auch steuerlich als Fremdkapital anzusehen. Kommt es nicht zur Wandlung, sondern zur Rückzahlung des investierten Betrags (zuzüglich aufgelaufener Zinsen), erzielt der Investor Kapitalerträge aus der Gewährung eines Darlehens, nicht aber Beteiligungserträge.

Bei SAFEs ist die Frage der Klassifizierung für bilanzielle und steuerliche Zwecke schon schwieriger zu beantworten. Zunächst fehlt dem SAFE zumindest im Regelfall die für Fremdkapital charakteristische Verzinsungskomponente.

Zudem sehen die üblichen Wandeldarlehensverträge für diverse Fälle eine Rückzahlung statt der Wandlung vor: Teils ist die Wandlung im Rahmen einer Finanzierungsrunde und beim Endfälligkeitsdatum lediglich als Wahlrecht (Option) des Investors ausgestaltet, mangels dessen Ausübung eine Rückzahlung des gewährten Betrags zuzüglich aufgelaufener Zinsen erfolgt. Teils erfolgt im Rahmen einer Exit-Transaktion (Change of Control) anstelle der Ausgabe von Anteilen am Zielunternehmen, die dann im Rahmen der Change of Control-Transaktion mitveräußert werden, die Rückzahlung des Darlehensbetrags mit einem bestimmten Faktor (Exit Kicker). Diese Rückzahlungsvarianten geben dem Wandeldarlehen aber bis zur tatsächlich erfolgenden Wandlung Fremdkapitalcharakter.

Beim SAFE entspricht es dagegen regelmäßig den Intentionen der Parteien, dass der Investor in den vorbenannten Fällen wie ein Gesellschafter (also Eigenkapitalgeber) gestellt wird: So sehen die Y Combinator-Vertragsmuster vor, dass die Wandlung im Rahmen einer Finanzierungsrunde „automatically“ erfolgt, es handelt sich also um eine Pflichtwandlung (wobei eine automatische Wandlung nach deutschem Recht nicht funktionieren würde, siehe hierzu bereits oben). Ein Endfälligkeitsdatum, an dem es zur Rückzahlung kommt, ist in dieser Form gar nicht vorgesehen. Im Rahmen einer Exit-Transaktion erhält der Investor entweder den Betrag seines Investments oder den Betrag, den er als Kaufpreis für Anteile erhalten hätte, wenn er den investierten Betrag zur Exit-Bewertung gewandelt hätte; im Ergebnis steht der Investor also wie ein Eigenkapitalgeber, zu dessen Gunsten eine einfache, anrechenbare Liquidationspräferenz vereinbart wurde. Lediglich für den Fall eines „Dissolution Events“ (freiwillige oder unfreiwillige Auflösung der Gesellschaft) sehen die Y Combinator-Muster die Rückzahlung des investierten Betrags vor.

Für US-steuerliche Zwecke regeln die SAFE-Muster explizit, dass der Investor wie ein Gesellschafter, der Stammgeschäftsanteile (Common Stock) hält, zu behandeln ist.

Für deutsche steuerliche Zwecke wäre allerdings eine Behandlung des SAFE als Eigenkapital im Regelfall gerade unerwünscht. Denn wenn der SAFE, wie häufig, von einem Nichtgesellschafter als Investor gezeichnet wird (entweder weil es sich um die Erstfinanzierung durch einen externen Investor handelt, oder weil ein Investor im Vorgang zu einer Eigenkapitalinvestition eine Brückenfinanzierung zur Verfügung stellt), würde die Einzahlung des zu investierenden Betrags steuerlich zu einem Ertrag führen.

Die Abgrenzung nach deutschem Handelsrecht erfolgt insbesondere (allerdings neben einer Reihe anderer Faktoren) danach, ob das zur Verfügung gestellte Kapital längerfristig der Gesellschaft überlassen wird und an den Verlusten teilnimmt, und damit Haftungscharakter hat. Weiteres Merkmal von eigenkapitalähnlichen Instrumenten ist die Nachrangigkeit gegenüber anderen Gläubigern. Durch die in den gängigen SAFE-Formen vorgesehene Zahlung in Höhe des eingesetzten Kapitals im Falle einer Auflösung der Gesellschaft, gleich ob diese „voluntary or involuntary“ erfolgt (also einschließlich der Insolvenzfälle), neigt der SAFE eher zum Fremd- als zum Eigenkapital. Andererseits sieht der Y Combinator SAFE vor, dass der SAFE-Investor, obwohl er vor Wandlung keine Stimmrechte innehat, eine Dividende erhält, falls vor der Wandlung Ausschüttungen an die Gesellschafter erfolgen (und zwar in der Höhe, in der er eine Dividende erhalten hätte, falls die Wandlung bereits durchgeführt worden wäre). Im Ergebnis sollte ein SAFE mit den vorbenannten Komponenten regelmäßig bis zur Ausgabe von Anteilen im Rahmen der Wandlung nach deutschen (HGB-) Bilanzierungsgrundsätzen gleichwohl als Fremdkapital zu behandeln sein.

Nach IAS/IFRS kommt es für die Abgrenzung von Eigen- und Fremdkapital eher auf die Kündbarkeit an (und bei Kündbarkeit wäre Fremdkapital gegeben). Trotz des Fehlens eines Endfälligkeitsdatums sehen die Y Combinator-Muster eine „Termination“ vor (insbesondere für den Fall der Auflösung der Gesellschaft), so dass auch nach diesen Maßstäben dem SAFE vor Wandlung Fremdkapitalcharakter zukommen sollte.

Um bezüglich der unerwünschten steuerlichen Folgen einer Charakterisierung der SAFE-Investition als Eigenkapital auf der sicheren Seite zu sein, empfehlen sich meines Erachtens die folgenden Anpassungen der gängigen Vertragsmuster:

  • Die Bestimmung, nach der ein SAFE-Investor vor Erwerb von Anteilen zu Dividendenzahlungen berechtigt ist, sollte nach Möglichkeit entfernt werden. In sehr frühphasigen Start-ups spielt dies ohnehin praktisch nur äußerst selten eine Rolle.
  • Die vorgesehene Charakterisierung als „Common Stock“ für US-Steuerzwecke sollte gestrichen werden, sofern keine steuerlich in den USA ansässigen Investoren beteiligt sind.
  • Die Zahlung des SAFE-Betrags sollte vertragsgemäß nicht als Zahlung in die freie Kapitalrücklage nach § 272 Absatz 2 Nummer 4 HGB qualifiziert werden (sondern diese Einstellung in die freie Kapitalrücklage erst bei Wandlung in Anteile erfolgen).

f) Qualifizierter Rangrücktritt

Sofern der SAFE wie vorstehend beschrieben aus steuerlichen Erwägungen heraus vor Wandlung als Fremdkapital gestaltet wird, stellt sich aber die Problematik der möglicherweise eintretenden bilanziellen Überschuldung des Zielunternehmens für insolvenzrechtliche Zwecke. Um sich zur Vermeidung einer Insolvenzantragspflicht nicht alleine auf die (allerdings häufig vorliegende) positive Fortführungsprognose verlassen zu müssen, enthalten gängige Wandeldarlehensverträge regelmäßig eine qualifizierte Rangrücktrittserklärung. Diese ermöglicht es nach geltendem Recht, den investierten Betrag für Zwecke der Bestimmung eines insolvenzrechtlichen Überschuldungsstatus auszublenden, obwohl handelsrechtlich Fremdkapital vorliegt.

Zudem ist aus bankaufsichtsrechtlicher Warte zu vermeiden, dass die SAFE-Transaktion bankerlaubnispflichtiges Einlagengeschäft (aus Sicht des Zielunternehmens) und bankerlaubnispflichtiges Kreditgeschäft  (aus Sicht des Investors) darstellt. Maßgebliches Kriterium hierfür ist die unbedingte Rückzahlbarkeit des zur Verfügung gestellten Kapitals. Nach den einschlägigen Merkblättern der BaFin wird diese durch die Vereinbarung eines qualifizierten Rangrücktritts ausgeschlossen und damit auch ein sonst auf Seiten des Zielunternehmens oder der Investoren in Betracht zu ziehender Verstoß gegen die Bankerlaubnispflicht aufgrund der SAFE-Transaktion.

Ist der SAFE vor Ausgabe der Anteile am Zielunternehmen handelsrechtlich als Fremdkapital bzw. bankaufsichtsrechtlich als bankerlaubnispflichtiges Einlagelagengeschäft (aus Sicht des Zielunternehmens) und/oder als bankerlaubnispflichtiges Kreditgeschäft (aus Sicht des Investors) zu bewerten, oder erscheint dies angesichts der konkreten vertraglichen Ausgestaltung zumindest als denkbar, empfiehlt es sich daher, vorsorglich auch in einen SAFE eine gängige qualifizierte Rangrücktrittsklausel aufzunehmen (die aus Investorensicht regelmäßig auch in kommerzieller Hinsicht akzeptabel sein dürfte).

Ausblick

SAFEs sind in einem boomenden Marktumfeld entstanden und populär geworden. Es stellt sich die Frage, ob dieses Finanzierungsinstrument, das vor allem für Zielunternehmen vorteilhaft ist, im Rahmen eines sich abzeichnenden Abschwungs im Venture Capital-Markt weiter an Bedeutung gewinnen oder seine bisherige Relevanz zumindest erhalten kann. Wir vermuten, dass SAFEs aufgrund von Praktikabilitätserwägungen und ihrer immer größeren Bekanntheit weiterhin eine bedeutsame Rolle bei Early Stage-Finanzierungen einnehmen werden.

Dr. Daniel Gubitz, LL.M.

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