Venture Capital: Dos & Don’ts bei Unterschriftsbeglaubigungen im Ausland

Insbesondere in Venture Capital-Transaktionen treffen eine Vielzahl (auch internationaler) Beteiligter und der Wunsch nach Schnelligkeit und Pragmatismus auf die Regeln des deutschen Gesellschaftsrechts. Damit dies nicht zu einem unerfreulichen Zusammenstoß führt, sondern zu einer glücklichen Partnerschaft wird, empfiehlt es sich, vermeintlich simple Formalia wie Transaktionsvollmachten und Vertretungsnachweise umsichtig vorzubereiten und zu begleiten.

Von Georg Lindner, Rechtsanwalt, Steuerberater

Bei ausländischen Beteiligten an Transaktionen stellen sich häufig Fragen im Zusammenhang mit Beglaubigungen vor ausländischen Notaren. Wie eine kürzliche Entscheidung des Kammergerichts Berlin zeigt, gilt es, hier zeitraubende Stolperfallen zu vermeiden. So genügen etwa die im Ausland möglichen, pragmatischen Unterschriftsbeglaubigungen, bei denen der Erklärende nicht selbst beim dortigen Notar erscheinen muss, sondern beispielsweise nur ein Abgleich mit vorhandenen Unterschriftsproben erfolgt, nicht den Anforderungen des deutschen Gesellschaftsrechts.

Entscheidung des Kammergerichts Berlin

Mit Beschluss vom 03.03.2022 (Az. 22 W 92/21) hatte sich das Kammergericht Berlin mit einem Sachverhalt auseinanderzusetzen, in dem Übernahmeerklärungen im Zusammenhang mit einer Erhöhung des Stammkapitals einer deutschen GmbH durch einen vollmachtlosen Vertreter vorgenommen worden waren und dessen Erklärungen von den relevanten Übernehmern der neuen Anteile nachgenehmigt wurden. Ein Teil der Nachgenehmigungserklärungen der Vertretenen wurden dabei von einem Notar in Luxemburg beglaubigt (und in Luxemburg mit einer Apostille versehen), wobei die Unterschriften der entsprechenden vertretungsberechtigen Unterzeichner nicht in Gegenwart des luxemburgischen Notars geleistet (oder anerkannt) wurden, sondern der luxemburgische Notar lediglich die ihm vorgelegten Unterschriften mit vorhandenen Unterschriftsproben abglich (worauf in der Handelsregisteranmeldung ausdrücklich hingewiesen wurde). Das zuständige Registergericht Charlottenburg lehnte die Eintragung der Kapitalerhöhung ab, mit dem Hinweis, dass die Unterschriftsbeglaubigungen durch den luxemburgischen Notar formell den Anforderungen des deutschen Gesellschaftsrechts nicht genügen. Das Kammergericht Berlin schloss sich dem (wenig überraschend) an.

Das Kammergericht Berlin bestätigte, dass im Zusammenhang mit Kapitalerhöhungen bei einer deutschen GmbH Übernahmeerklärungen nach § 55 Abs. 1 GmbHG auch durch einen vollmachtlosen Vertreter abgegeben und nachträglich vom Übernehmer genehmigt werden können. Die entsprechenden Genehmigungserklärungen bedürfen dabei derselben Form (also mindestens notarielle Beglaubigung) wie die Übernahmeerklärung selbst (die Regelungen des § 167 Abs. 2 BGB greifen hier nicht).

Weiter wurde durch das Kammergericht Berlin festgestellt, dass Beglaubigungen durch einen ausländischen Notar den formellen Anforderungen des deutschen Gesellschaftsrechts genügen können, wenn sie dem entsprechenden Beurkundungsfall nach deutschem Recht „gleichwertig“ sind. Eine solche Gleichwertigkeit ist jedoch nur gegeben, wenn die Unterschrift nach Identitätsfeststellung des Unterzeichnenden in Gegenwart des beglaubigenden Notars gefertigt oder jedenfalls anerkannt wurde (vgl. § 40 Abs. 1 BeurkG).

Wenn sich der (ausländische) Notar nur durch telefonische oder schriftliche Nachfrage, oder wie vorliegend durch Abgleich mit Unterschriftenproben von der Identität überzeugt, sind die notwendigen Voraussetzungen einer öffentlichen Beglaubigung nach deutschem Recht nicht gegeben (auch wenn dies für die Ortsform der Beglaubigung in der betreffenden Jurisdiktion genügen würde).

Im konkreten Fall waren daher die Nachgenehmigungen der Übernahmeerklärungen wegen fehlender gleichwertiger Beglaubigung durch einen ausländischen Notar nicht zu akzeptieren und mussten nachgeholt werden.

In a Nutshell

Vor allem folgende technischen Punkte sind bei der Vorbereitung von Kapitalerhöhungen bei einer deutschen GmbH zu beachten:

  • Übernehmer von neuen Anteilen im Zusammenhang mit Kapitalerhöhungen bei einer deutschen GmbH müssen notariell beurkundete oder beglaubigte Übernahmeerklärungen abgeben.
  • Vollmachten oder Nachgenehmigungserklärungen, die sich (auch) auf die Abgabe von Übernahmeerklärungen beziehen, bedürfen ebenfalls der notariellen Beurkundung oder Beglaubigung.
  • Beglaubigungen sind grundsätzlich lediglich Unterschriftsbeglaubigungen, bei der – vereinfacht – die Identität des Erklärenden bzw. die Echtheit der Unterschrift bestätigt wird; der Inhalt der Erklärung selbst ist nicht Gegenstand der Beglaubigung.
  • Beglaubigungen sind grundsätzlich auch durch einen ausländischen Notar möglich, wenn der Vorgang mit dem entsprechenden Beurkundungsvorgang nach deutschem Recht gleichwertig ist.
  • Eine gleichwertige Beglaubigung durch einen ausländischen Notar erfordert, dass die Unterschrift nach Identitätsfeststellung des Unterzeichnenden in Gegenwart des Notars gefertigt oder jedenfalls anerkannt werden muss. Es ist nicht ausreichend, wenn sich der ausländische Notar nur durch telefonische oder schriftliche Rückfrage und/oder durch Abgleich mit vorhandenen Unterschriftenproben von der Identität der Unterschriften in Abwesenheit des Erklärenden überzeugt. Die physische Anwesenheit des Erklärenden bei dem beglaubigenden ausländischen Notar ist daher derzeit für eine Beglaubigung nach deutschem Recht zwingend und muss bei der Zeitplanung einer Transaktion berücksichtigt werden.
  • Es empfiehlt sich, ausländischen Beteiligten (z.B. zusammen mit Vollmachtsentwürfen) vorformulierte Beglaubigungsvermerke für ausländische Notare zur Verfügung zu stellen, in denen u.a. ausdrücklich das persönliche Erscheinen des Erklärenden vor dem Notar mit bestätigt wird.
  • Beglaubigungen vor ausländischen Notaren sind oftmals mit einer Apostille zu versehen oder zu legalisieren (vgl. Kurzübersicht Apostille und Legalisation des Deutschen Notarinstituts). Der Apostillierungs- bzw. Legalisierungsprozess ist bei der Zeitplanung einer Transaktion zu berücksichtigen.
  • Sind ausländische juristische Personen (z.B. als Gesellschafter, auch wenn keine neuen Geschäftsanteile von diesen übernommen werden) beteiligt, sind oftmals (notarielle) Existenz- und Vertretungsnachweise (ggf. zusammen mit Übersetzungen ins Deutsche) beizubringen, die – vereinfacht – bestätigen, dass die die Urkunde bzw. Vollmacht zeichnenden Personen zur Vertretung einer existierenden ausländischen juristischen Person berechtigt sind. Es empfiehlt sich, (a) mit dem beurkundenden deutschen Notar bzw. mit dem zuständigen Registergericht soweit möglich vorabzustimmen, welche Vertretungsnachweise in welcher Form beigebracht werden müssen und (b) entsprechend vorformulierte (ggf. bilinguale) Vertretungsnachweise für ausländische Notare zur Verfügung zu stellen.
  • Notare und ggf. beteiligte Anwälte haben eine Geldwäscheprüfung hinsichtlich der Beteiligten vorzunehmen und benötigen hierfür entsprechende Erklärungen, Informationen und Dokumentationen. Das Beibringen und die Prüfung dieser Informationen ist bei der Zeitplanung einer Transaktion zu berücksichtigen.

Fazit und Handlungsempfehlung

Ausländische Beteiligte sind insbesondere im Bereich Venture Capital, Growth Capital und Private Equity mittlerweile eher die Regel als die Ausnahme. Auch wenn viele professionelle internationale Investoren bereits Erfahrungen mit der deutschen Beurkundungs- und Registerpraxis gesammelt haben, wird oftmals der Aufwand im Zusammenhang mit der Abstimmung und Einholung von Vollmachten, Existenz- und Vertretungsnachweisen und der GwG-konformen Dokumentation insbesondere bei zeitkritischen Transaktionen unterschätzt.

Eine gute und vor allem frühzeitige Vorbereitung der entsprechenden Prozesse hinsichtlich dieser, für die Beteiligten eher lästigen, technischen Details schafft aber in der Praxis einen nicht zu unterschätzenden Mehrwert für alle Beteiligten und Transaktionssicherheit. Dazu muss man auch die Vorbereitung und Abstimmung von Beglaubigungsvermerken insbesondere bei der Einschaltung von ausländischen Notaren zählen. Einige Jurisdiktionen haben, angestoßen bzw. beschleunigt durch die Covid19-Pandemie, Beglaubigungsverfahren ermöglicht, die eine Anwesenheit der unterzeichnenden Person bei einem Notar nicht mehr erfordern. Deutsches Gesellschaftsrecht macht es aber erforderlich, in solchen Fällen als Beteiligter oder Berater bei entsprechenden Beglaubigungen im Ausland genauer hinzusehen und vorausschauend zu handeln, um ärgerliche Verzögerungen bei der Handelsregistereintragung (und somit der Wirksamkeit der betreffenden Kapitalmaßnahmen) zu vermeiden.

Georg Lindner

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