Verkäuferdarlehen: Worauf ist bei der Ausgestaltung und Verhandlung zu achten?

Verkäuferdarlehen sind häufig ein Finanzierungsinstrument bei Unternehmensakquisitionen durch Finanzinvestoren. Standardisierte Bedingungen gibt es nicht. Sofern parallel zum Verkäuferdarlehen eine Akquisitionsfinanzierung in Form einer Leverage-Finanzierung aufgenommen wird, greifen jedoch bestimmte marktübliche Anforderungen der Kreditgeber einer solchen vorrangigen Finanzierung. Wir erläutern, was bei der Ausgestaltung eines Verkäuferdarlehens zu beachten ist und wie die Interessen von Verkäufer- und Erwerberseite gelagert sind.

Von Dr. Anselm Lenhard, Rechtsanwalt

Warum ein Verkäuferdarlehen bei einer Unternehmensakquisition genutzt wird, kann unterschiedliche Gründe haben. So kann ein Verkäuferdarlehen beispielsweise eine Finanzierungslücke schließen oder als kurzfristige Zwischenfinanzierung dienen, um einen schnellen Transaktionsvollzug zu gewährleisten. Zudem können Verkäuferdarlehen auch ein Instrument der Rückbeteiligung des Verkäufers sein, das der Vertrauensbildung zwischen Verkäufer und Erwerber dient. Denn: Mit dem Verkäuferdarlehen bleibt der Verkäufer auch nach Vollzug der Transaktion durch ein schuldrechtliches Instrument investiert. Außerdem kann es dem Verkäufer eine weitere Erfolgspartizipations- und Anlagemöglichkeit bieten.

Leitfaden für Verkäuferdarlehen

Eine Standardisierung der Bedingungen von Verkäuferdarlehen gibt es nicht. Jedoch führen die Anforderungen einer parallelen Akquisitionsfinanzierung durch eine Leverage-Finanzierung zu bestimmten marktüblichen Anforderungen an Verkäuferdarlehen.

Folgende Punkte sind bei der Ausgestaltung und Verhandlung von Verkäuferdarlehen aus Erwerber- und Verkäufersicht zu beachten:

a) Struktur 

Für die Ausgestaltung eines Verkäuferdarlehens ist zunächst maßgebliche Weichenstellung, welche Finanzierungsstruktur diesem zugrunde liegt.

Handelt es sich um eine reine Zwischenfinanzierung, die durch eine Leverage-Finanzierung innerhalb eines überschaubaren Zeitraums abgelöst werden soll? Oder handelt es sich um eine eigenkapitalähnliche Verkäuferfinanzierung, die Teil einer komplexen Finanzierungsstruktur ist?

b) Besicherung 

Bei einem Verkäuferdarlehen, das als Zwischenfinanzierung gewährt wird, kommt regelmäßig eine Besicherung durch Verpfändung der Geschäftsanteile an der Zielgesellschaft durch den Erwerber in Betracht.

Im Rahmen einer komplexen Finanzierungsstruktur, bei der das Verkäuferdarlehen neben einer Akquisitionsfinanzierung besteht, erfolgt die Verkäuferfinanzierung hingegen typischerweise unbesichert. In einer solchen Konstellation sind in aller Regel keine (wesentlichen) unbelasteten Vermögensgegenstände vorhanden, an denen separate erstrangige Sicherheiten für das Verkäuferdarlehen gewährt werden können. Allenfalls bei einer vielstufigen Akquisitionsstruktur, bei der der Kreditnehmer des Verkäuferdarlehens eine gegenüber dem Haftungskreis der Akquisitionsfinanzierung strukturell nachgeordnete Holdinggesellschaft ist, ist unter Umständen eine erstrangige Anteilsverpfändung denkbar.

Aus Verkäufersicht kann zwar eine nachrangige Besicherung an den Vermögensgegenständen, die zugunsten der Akquisitionsfinanzierung belastet wurden, erstrebenswert sein – insbesondere an den Geschäftsanteilen des Akquisitionsvehikels oder der Zielgesellschaft, weil diese nicht wertausschöpfend zugunsten der Akquisitionsfinanzierung belastet sein sollten. Dies sollte jedoch aus Erwerbersicht nicht akzeptiert werden. Der Grund: Wenn eine Besicherung von Neuverbindlichkeiten sowohl im Rahmen von weiteren fremdfinanzierten Zukäufen als auch bei einer Restrukturierung erforderlich werden sollte, schränken derartige nachrangige Sicherungsrechte den Gestaltungsspielraum ein.

c) Rang 

Ein Verkäuferdarlehen als Teil einer komplexen Finanzierungsstruktur ist eine nachrangige Finanzierung. Der Nachrang wird durch eine Gläubigervereinbarung, in die die Erwerber-/Kreditnehmerseite, die Akquisitionsfinanzierung und der Verkäufer eingebunden sind, sichergestellt.

Da die Gläubigervereinbarung den Bedingungen des Verkäuferdarlehens faktisch vorgeht, ist aus Verkäufersicht auf eine saubere und aufeinander abgestimmte Regelung der Bedingungen des Verkäuferdarlehens und der Gläubigervereinbarung zu achten. Dies betrifft insbesondere die Zulässigkeit von Zins- und Tilgungszahlungen sowie die Zulässigkeit von für den Verkäufer unter Umständen nachteiligen Änderungen der Akquisitionsfinanzierung (beispielsweise Laufzeitverlängerungen). Aus Verkäufersicht ist zudem der Vorrang vor der Erwerberseite und durch diese gewährte Gesellschafterfinanzierungen sicherzustellen.

Der Erwerber wird typischerweise bei der Ausgestaltung der Rangbestimmungen im Gesamtfinanzierungskontext darauf achten, dass das Verkäuferdarlehen nicht als Finanzverbindlichkeit bei der Berechnung des Nettoverschuldungsgrads (Leverage Ratio) Berücksichtigung findet, der als Financial Covenant unter der Akquisitionsfinanzierung eingehalten werden muss. Zudem muss der Erwerber sicherstellen, dass die Zulässigkeitsanforderungen für Zahlungen an die Erwerber-/Gesellschafterebene in der Gesamtdokumentation einheitlich gefasst sind und in dieser Hinsicht keine Abweichungen zwischen den Bedingungen der Akquisitionsfinanzierung, des Verkäuferdarlehens und der Gläubigervereinbarung bestehen.

d) Kreditauflagen (Covenants) 

Die Kreditauflagen (Covenants) in einem Verkäuferdarlehen sind typischerweise deutlich weniger umfassend, als bei einer Leverage-Finanzierung.

Aus Erwerbersicht soll zum einen vermieden werden, dass der Verkäufer auch nach Transaktionsvollzug durch ein enges Korsett an Kreditauflagen weiterhin Einfluss auf wesentliche Unternehmensentscheidungen nehmen kann. Zum anderen soll der laufende Verwaltungsaufwand geringgehalten werden.

Aus Verkäufersicht ist in erster Linie der Vorrang des Verkäuferdarlehens gegenüber Gesellschafterfinanzierungen sowie Ausschüttungen und sonstigen Zahlungen an die Erwerberebene durch die Zielgesellschaft sicherzustellen. Da in einem begrenzten Umfang auch unter einer typischen Leverage-Finanzierung Zahlungen an die Gesellschafterebene zulässig sind, ist hier auf eine abgestimmte Konzeption in den verschiedenen Finanzierungsinstrumenten zu achten.

In einem geringeren Ausmaß können auch Kreditauflagen zum Einsatz kommen, die unmittelbar oder durch eine Finanzkennzahl die Aufnahme weiterer Finanzverbindlichkeiten und/oder die Stellung von Sicherheiten für weitere Finanzierungen beschränken. Aus Verkäufersicht soll hierdurch die Rangstellung des Verkäuferdarlehens unmittelbar nach der Akquisitionsfinanzierung sichergestellt und eine spätere Risikoerhöhung verhindert werden.

Verkäuferseitige Forderungen nach umfangreichen Kreditauflagen sind kritisch zu sehen – zum einen ist aufgrund des weitgehenden Interessengleichlaufs eine Absicherung durch die Kreditauflagen der Akquisitionsfinanzierung sichergestellt, zum anderen sind solche Kreditauflagen im Verkäuferdarlehen aufgrund des Nachrangs gegenüber der Akquisitionsfinanzierung typischerweise faktisch sanktionslos.

e) Darlehensauszahlung 

Aus Verkäufersicht ist bei der Ausgestaltung eines Verkäuferdarlehens darauf zu achten, dass dieses ausschließlich unbar und im Zuge der Vollzugshandlungen bei Transaktionsvollzug zur Auszahlung gelangt. Rechtstechnisch kann die Auszahlung entweder durch Aufrechnung von Darlehensauszahlungsanspruch und Kaufpreisanspruch oder Schuldumschaffung (Novation) des Kaufpreisanspruchs in einen Darlehensrückzahlungsanspruch ausgestaltet werden.

In einer komplexen Akquisitionsstruktur, bei der das Verkäuferdarlehen auf Ebene einer strukturell nachgeordneten Holdinggesellschaft, die vom Haftungskreis der Akquisitionsfinanzierung getrennt ist, gewährt werden soll, wird in der Praxis mit einer (befreienden) Schuldübernahme im Hinblick auf den entsprechenden Teil des Kaufpreisanspruchs mit anschließender Aufrechnung von Darlehensauszahlungsanspruch und Kaufpreisanspruch durch dreiseitige Vereinbarung gearbeitet. Dies erfordert eine saubere Transaktionsstrukturierung, bei der auch steuerrechtliche Aspekte berücksichtigt werden.

f) Zins 

Die Finanzierungsstruktur hat unmittelbare Auswirkung auf die Zinsregelung. Zum einen ist ein risikoadäquater Zinssatz zu bestimmen. Dieser wird typischerweise bei einer kurzfristigen Zwischenfinanzierung niedriger sein als bei einer nachrangigen, eigenkapitalähnlichen Verkäuferfinanzierung, die Bestandteil einer langfristigen komplexen Finanzierungsstruktur ist.

Insbesondere bei einer kurzfristigen Zwischenfinanzierung ist eine über die Laufzeit stufenweise ansteigende Verzinsung nicht unüblich, um für den Erwerber Anreize zu einer Refinanzierung zu setzen.

Bei nachrangigen Verkäuferdarlehen, die Bestandteil einer komplexen Finanzierungsstruktur sind, sind cash-wirksame Zahlungen auf das Verkäuferdarlehen typischerweise im Hinblick auf das Rangverhältnis gegenüber der Akquisitionsfinanzierung vertraglich ausgeschlossen. Um diesen Strukturbedingungen Rechnung zu tragen und eine risikoadäquate Verzinsung sicherzustellen, werden überwiegend Payment-in-Kind (PIK) Zinsvereinbarungen getroffen, die cash-wirksame Zahlungen ausschließen und zu einer Kapitalisierung aufgelaufener Zinsen führen. Einer automatischen Zinskapitalisierung steht jedoch das Zinseszinsverbot nach § 248 Abs. 1 BGB mit Nichtigkeitsfolge entgegen. Die vertragliche Ausgestaltung hat diesem Umstand Rechnung zu tragen, indem dem Erwerber ein Wahlrecht eingeräumt wird, nach Fälligkeit der Zinsen diese entweder zu zahlen oder zu kapitalisieren. Die Zulässigkeit der Zinskapitalisierung sollte aufgrund der erheblichen Auswirkung auf die Höhe der nachrangigen Verschuldung in der Gläubigervereinbarung ausdrücklich klargestellt werden.

Vorfälligkeitsentschädigungen zum Schutz einer bestimmten Renditeerwartung des Verkäufers sind grundsätzlich unüblich. Der Erwerber ist typischerweise jederzeit zur entschädigungsfreien vorzeitigen Tilgung des Verkäuferdarlehens berechtigt. Anderes gilt nur in Einzelfällen aufgrund spezifischer kommerzieller Erwägungen und entsprechender Vereinbarung zwischen den Parteien.

g) Fälligkeitsregelungen 

Die Rückzahlung eines Verkäuferdarlehens ist durch die Finanzierungsstruktur determiniert. Bei einer komplexen Finanzierungsstruktur mit paralleler Akquisitionsfinanzierung sind typischerweise Tilgungsleistung vor einer Rückzahlung der Akquisitionsfinanzierung ausgeschlossen. Abweichende Ausgestaltungen sind hochgradig transaktionsspezifisch und erfordern eine genaue Abstimmung der Regelungen des Verkäuferdarlehens mit den Beschränkungen der Akquisitionsfinanzierung, einschließlich der Gläubigervereinbarung.

Der Verkäufer sollte daher darauf achten, dass die Pflichtsondertilgungstatbestände (Kontrollwechsel, Veräußerung wesentlichen Vermögens, Börsengang) klar definiert sind und gegebenenfalls diesbezügliche Informationspflichten und Einsichtsrechte vorgesehen werden.

Um nicht dauerhaft über einen bestimmten Zeitpunkt auf Zahlungen auf das Verkäuferdarlehen verzichten zu müssen, ist aus Verkäufersicht zudem darauf zu achten, dass nach der Gläubigervereinbarung die Laufzeit der Akquisitionsfinanzierung nicht ohne Zustimmung des Verkäufers über ein bestimmtes Enddatum hinaus verlängert werden kann.

h) Aufrechnungsverbot 

Aus Erwerbersicht ist es vorteilhaft, Gewährleistungsansprüche unter dem Unternehmenskaufvertrag gegen Ansprüche aus dem Verkäuferdarlehen aufrechnen zu können. Diese Befriedigungsmöglichkeit des Erwerbers ist jedoch regelmäßig aus Verkäufersicht nicht akzeptabel, da hierdurch die Darlegungs- und Beweislast für Gewährleistungsansprüche umgedreht wird und dem Verkäuferdarlehen faktisch der Charakter eines Kaufpreiseinbehalts zukommt.

Umgekehrt ist es aus Verkäufersicht vorteilhaft, unstreitige bzw. rechtskräftig festgestellte Gewährleistungsansprüche durch Aufrechnung mit Ansprüchen aus dem Verkäuferdarlehen zu befriedigen. Eine solche Aufrechnungsmöglichkeit ist jedoch nicht mit einer typischen Akquisitionsfinanzierungsstruktur vereinbar, bei der Gewährleistungsansprüche unter dem Unternehmenskaufvertrag als Sicherheit für die Akquisitionsfinanzierung abgetreten werden und Nettozuflüsse aus Gewährleistungsansprüchen zur Mängelbeseitigung bzw. Reinvestition oder zur Pflichtsondertilgung zu verwenden sind.  Da ein Gewährleistungsfall unter Umständen auch zu einer akuten Liquiditätslücke führen kann, besteht aus Erwerbersicht auch ohne Akquisitionsfinanzierung ein Interesse daran, eine Aufrechnungsmöglichkeit der Verkäuferseite auszuschließen.

Im Ergebnis werden daher wechselseitige Aufrechnungsverbote im Verkäuferdarlehensvertrag und im Unternehmenskaufvertrag für beide Seiten regelmäßig eine sachgerechte und ausgewogene Regelung darstellen. Diese sollten hinreichend weit ausgestaltet sein, um auch durch Abtretungen oder Strukturmaßnahmen herbeigeführte Aufrechnungslagen zu erfassen.

Dr. Anselm Lenhard, LL.M.

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