Virtuelle Währungen und sonstige Token: So müssen sie steuerlich behandelt werden

Bitcoin, Ethereum, Tether. Das Angebot an Kryptowährungen wächst beständig, ihre Bedeutung nimmt zu. Doch wie werden virtuelle Währungen und sonstige Token steuerlich behandelt? Das Bundesministerium für Finanzen (BMF) hat dazu nun erstmals eine einheitliche Verwaltungsanweisung vorlegt. In seinem Schreiben vom 10. Mai 2022 legt es die ertragssteuerrechtlichen Behandlung von virtuellen Währungen und sonstigen Token fest (BMF-Schreiben vom 10. Mai 2022, Az. IV C 1 – S 2256/19/10003 :001; Link zum Schreiben). Zur steuerlichen Behandlung von Non-Fungible Tokens (NFTs) nimmt das BMF allerdings nicht Stellung. Die Grundsätze des Schreibens sind auf alle noch offenen Fälle anzuwenden.

Von Andreas Scheidle, Rechtsanwalt, Steuerberater

Wie virtuelle Währungen und sonstige Token ertragssteuerlich behandelt werden, ist auch davon abhängig, ob sie zum Privat- oder Betriebsvermögen gehören. Was sind die wesentlichen Aussagen des BMF-Schreibens?

a) Virtuelle Währungen und Tokens als Wirtschaftsgut

Übereinstimmend mit der finanzgerichtlichen Rechtsprechung (bspw. FG Köln vom 25.11.2021 (14 K 1178/20), Rev. eingelegt (Az. BFH IX R 3/22); Link zum Verfahren) sind virtuelle Währungen und Token nach Ansicht des BMF stets Wirtschaftsgüter. Wirtschaftlicher Eigentümer ist regelmäßig der Inhaber des privaten Schlüssels, d.h. derjenige, der über die Zuordnung der virtuellen Währungen und sonstigen Token verfügen kann. Soweit die virtuellen Währungen und sonstigen Token im Betriebsvermögen gehalten werden, sind diese nach allgemeinen Grundsätzen dem Anlage- bzw. dem Umlaufvermögen zuzuordnen.

b) Mining/Forging als gewerbliche Tätigkeit

Nach allgemeinen Grundsätzen zur Gewerblichkeit soll das Mining/Forging nach Ansicht des BMF eine gewerbliche Tätigkeit darstellen, da der Blockersteller („Miner“) für die Tätigkeit der Blockerstellung (d.h. das Hinzufügen neuer Blöcke zu der Blockchain) eine Vergütung (Blockentlohnung) erhält und dies dem Bild eines Dienstleisters entspricht. Es soll also nach Ansicht des BMF für die Abgrenzung zwischen gewerblicher Tätigkeit und privater Vermögensverwaltung entscheidend sein, ob die Tätigkeit mit einer Blockerstellung verbunden ist.

Liegt eine gewerbliche Tätigkeit vor, sind die als Vergütung erhaltenen virtuellen Währungen und sonstigen Token Betriebseinnahmen und dementsprechend steuerlich im Betriebsvermögen verstrickt. Die Veräußerung dieser Wirtschaftsgüter ist dann unabhängig von der Haltedauer stets (gewerbe-)steuerpflichtig.

Das bloße Staking, d.h. das Bereitstellen von virtuellen Einheiten für die Blockerstellung, ohne selbst „Miner“ bzw. Blockersteller zu sein, soll hingegen der privaten Vermögensverwaltung zuzuordnen sein.

Die entsprechenden Einnahmen unterliegen im Rahmen der sonstigen Einkünfte der Besteuerung, jedoch sind die als Vergütung erhaltenen virtuellen Währungen und sonstigen Token dem steuerlichen Privatvermögen zuzuordnen und können somit außerhalb der Spekulationsfrist (dazu sogleich) steuerfrei veräußert werden.

c) Handel mit virtuellen Währungen und sonstigen Token

Auch beim Handel mit virtuellen Währungen und sonstigen Token ist zwischen der gewerblichen Tätigkeit und der bloßen Vermögensverwaltung abzugrenzen. Das BMF-Schreiben greift hierfür auf die allgemeinen Grundsätze zur Abgrenzung beim gewerblichen Wertpapier- und Devisenhandel zurück (vgl. H 15.7 (9) (An- und Verkauf von Wertpapieren) EStH 2021).

Liegt eine gewerbliche Handelstätigkeit vor, sind die Einnahmen hieraus stets (gewerbe-)steuerpflichtig.

Im Bereich der privaten Vermögensverwaltung sind etwaige Gewinne aus der Veräußerung von virtuellen Währungen und sonstigen Token nur dann als sonstige Einkünfte (§§ 22 und 23 EStG) steuerpflichtig, wenn die virtuellen Währungen und sonstigen Token innerhalb der einjährigen Spekulationsfrist veräußert werden.

Die ursprünglich im Entwurf des BMF-Schreibens vorgesehene verlängerte Haltedauer von 10 Jahren bei bestimmten Tätigkeiten (Staking oder Lending) wurde nun im BMF-Schreiben zugunsten der einjährigen Spekulationsfrist aufgegeben. Konkret bedeutet dies Folgendes: Erwirtschaftet der Privatanleger mit virtuellen Währungen einen Gewinn, ist dieser außerhalb der Ein-Jahresfrist steuerfrei. Gleichzeitig kann der Privatanleger aber einen Verlust, der nach einer Haltedauer von mehr als einem Jahr durch die Veräußerung von virtuellen Währungen erzielt wird, steuerlich nicht mehr im Wege der Verlustverrechnung nutzen.

d) Debt und Equity Token

Security Token sind Token, die mit herkömmlichen Wertpapieren vergleichbar sind. Hinsichtlich dieser Token unterscheidet das BMF-Schreiben dabei zwischen sog. (i) Equity Token, die Beteiligungs- und/oder Dividendenrechte vermitteln (z. B. Aktien) und (ii) Debt Token, die einen Anspruch auf Rückzahlung des investierten Betrags (ggf. zuzüglich Zinsen) vermitteln. Offen ist indes, ob auf Erträge aus Equity Token die Steuerbefreiung nach § 8b KStG Anwendung findet. Diese Frage wird im BMF-Schreiben nicht adressiert.

e) Token als Arbeitslohn

Token können als Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit steuerpflichtig sein, wenn diese dem Mitarbeiter verbilligt oder unentgeltlich überlassen werden. Dabei ist zu prüfen, ob die Überlassung als eine Geldleistung oder als ein Sachbezug einzuordnen ist. Sachbezüge sind steuerfrei, wenn sie insgesamt im Kalendermonat EUR 50 nicht übersteigen.

Der steuerpflichtige Zufluss beim Mitarbeiter erfolgt in der Regel in dem Zeitpunkt, in dem die Einbuchung der Token in die Wallet vorgenommen wird. Ähnlich wie bei virtuellen Anteilen oder Optionen führt die bloße schuldrechtliche Zusage auf Erteilung von Tokens noch nicht zu einem steuerlich relevanten Zufluss.

Ein früherer Zufluss liegt jedoch dann vor, wenn der Mitarbeiter über den Anspruch auf Zuteilung wirtschaftlich verfügt, indem der Anspruch entgeltlich an einen Dritten übertragen wird.

Ausblick 

Das nun veröffentlichte BMF-Schreiben schafft in einzelnen Bereichen Rechtssicherheit hinsichtlich der ertragsteuerlichen Behandlung von virtuellen Währungen und sonstigen Token. Unsicherheiten bestehen dagegen weiterhin im Hinblick auf steuerliche Mitwirkungs- und Dokumentationspflichten. Hierzu finden sich im BMF-Schreiben keine Äußerungen.