Elektronische Signatur: Die korrekte Anwendung in der Praxis

Spätestens seit der Corona Krise ist klar, dass eine rechtswirksame Unterzeichnung von Verträgen und anderen Dokumenten auf elektronischem Wege möglich sein muss. Denn die elektronische Signatur bietet einen entscheidenden Vorteil: Sie macht die Versendung der im Original unterzeichneten Dokumente auf dem Postweg überflüssig. Dies hatte in der Vergangenheit immer wieder zu unnötigen zeitlichen Verzögerungen geführt. Allerdings ist nicht jede elektronische Signatur dafür geeignet, rechtswirksame Verträge abzuschließen.

Von Eva Maier, Rechtsanwältin

Der deutsche Gesetzgeber hat schon im Jahr 2001 mit dem Gesetz zur Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts die elektronische Form der Signatur eingeführt und zwar im Wege der Umsetzung zweier EU-Richtlinien, der E-Commerce-Richtlinie und der Signatur-Richtlinie. Letztere wurde im Jahr 2014 durch die noch heute gültige eIDAS-VO (VO (EU) 910/2014) ersetzt.  

So können heute Dokumente innerhalb von Minuten rechtswirksam unterzeichnet werden. Dabei wird jedoch oft übersehen, dass eine eingescannte Unterschrift, die in die entsprechende Unterschriftenzeile eines Vertrages kopiert wird, der „Schriftform“ vorsieht, gerade nicht zu einem wirksamen Vertragsschluss führt. Der Vertrag ist in einem solchen Fall meist formnichtig. Um dies zu vermeiden, sind im Folgenden gewisse Grundregeln dargestellt, die helfen sollen, die Vorteile der elektronischen Signatur richtig zu nutzen und rechtswirksame Verträge abzuschließen.

 

I. Elektronische Form vs. Schriftform

Die eIDAS-VO erkennt als elektronische Form drei Arten der elektronischen Signatur an:

  • die einfache elektronische Signatur (Art. 3 Nr. 10 eIDAS-VO),
  • die fortgeschrittene elektronische Signatur (Art. 3 Nr. 11 iVm Art. 26 eIDAS-VO), und
  • die qualifizierte elektronische Signatur (Art. 3 Nr. 12 eIDAS-VO).

Grundsätzlich kann die Schriftform durch die elektronische Form (§ 126 a BGB) ersetzt werden (vgl. § 126 Abs. 3 BGB), allerdings nicht durch jede der drei Arten der elektronischen Form, sondern nur durch die qualifizierte elektronische Signatur – vorausgesetzt, eine Ersetzung der Schriftform durch elektronische Form ist nicht gesetzlich ausgeschlossen (siehe dazu unter III.).

Entgegen der Wahrnehmung in der Praxis bezeichnet der Begriff „Schriftform“ nicht die Unterschrift unter einem jeden Dokument, das handschriftlich unterzeichnet wird. Vielmehr ist „Schriftform“ (§ 126 BGB) eine besondere Formvorschrift, die zwingend eine handschriftliche Unterzeichnung eines zusammenhängenden Dokuments durch die Person, die die darin enthaltene Willenserklärung abgibt, vorsieht.

Der deutsche Gesetzgeber ordnet die Schriftform nur in gewissen Fällen an. Diese Form wird oft für großvolumige oder andere wichtige Verträge sowie deren Änderungen vereinbart. Sollte also die Schriftform durch Gesetz oder Vertrag angeordnet sein, kann diese durch elektronische Form ersetzt werden und zwar mittels einer qualifizierten elektronischen Signatur. Die qualifizierte elektronische Signatur ist die Art der elektronischen Signatur mit den höchsten Anforderungen an Sicherheit.

Die anderen beiden Arten der elektronischen Signatur, die einfache und die fortgeschrittene elektronische Signatur, sind lediglich dafür geeignet, die Textform (§ 126 b BGB) zu erfüllen und können nicht die Schriftform (§126 BGB) ersetzen. Die Textform stellt geringere Anforderungen an eine Unterschrift, da hierfür gerade keine eigenhändige Unterschrift erforderlich ist, sondern nur eine Nachbildung der Namensunterschrift. Dabei muss grundsätzlich die elektronische Signatur in demselben Dokument wie das Rechtsgeschäft enthalten sein. Sollten mehrere Dokumente versendet werden, sollten die unterschiedlichen Nachrichten je aufeinander verweisen.

 

II. Die drei Arten der elektronischen Signatur

1. Einfache elektronische Signatur

Die einfache elektronische Signatur zeichnet sich dadurch aus, dass Daten in elektronischer Form anderen elektronischen Daten beigefügt sind, die zur Unterzeichnung verwendet werden. Eine eingescannte Unterschrift oder eine namentlich unterzeichnete E-Mail sind beispielsweise einfache elektronische Signaturen. Diese Form der einfachen elektronischen Signatur wird in der Praxis häufig verwendet, ist allerdings nicht fälschungssicher. So kann eine fremde Dritte Person von dem E-Mail-Account einer anderen Person eine E-Mail versenden und in deren Namen unterzeichnen. Aus diesem Grund ist die einfache elektronische Signatur nicht dafür geeignet, die Schriftform zu ersetzen.

In vielen Unternehmen ist für Verträge im Rahmen des ordentlichen Geschäftsbetriebs keine Schriftform mehr vorgesehen, sondern nur Textform. Die Unterzeichnung der Verträge mittels einer einfachen elektronischen Signatur, wie einer eingescannten Unterschrift, ist durch den Austausch der auf diese Art gegenseitig unterzeichneten Verträge per E-Mail rechtswirksam. Auch wenn Parteien in Verträgen die Einhaltung der „elektronischen Form“ vereinbaren, ist meist eine einfache elektronische Signatur ausreichend. In diesem Fall lässt sich oft durch Auslegung ermitteln, dass sich die Parteien einig waren, dass die einfache elektronische Form genügen soll.

Anwendungsbereich der einfachen elektronischen Signatur

Mit einer einfachen elektronischen Signatur können alle Verträge unterzeichnet und Willenserklärungen abgegeben werden, die keine Schriftform oder eine strengere Form, wie die notarielle Beurkundung, vorsehen und für die die elektronische Form nicht ausgeschlossen ist (siehe dazu unter III.).

Dies gilt für die Mehrzahl von Verträgen und Erklärungen, die im Rahmen des normalen, ordentlichen Geschäftsbetriebes abgegeben werden, wie für Bestellungen, Aufträge, Bescheinigungen, Protokolle, oder sonstige Dokumentation. Zudem können Gesellschafterbeschlüsse im Umlaufverfahren (§ 48 Abs. 2 GmbHG) durch eine einfache elektronische Signatur unterzeichnet werden, insbesondere wenn die Satzung der Gesellschaft die Textform vorsieht. Für die Vollmacht zur Stimmabgabe in einer Gesellschafterversammlung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist schon laut Gesetz die Textform ausreichend (§ 47 Abs. 3 GmbHG).

Ansonsten sind Vollmachten grundsätzlich formfrei abzugeben, allerdings gibt es zu diesem Grundsatz einige Ausnahmen. Sollte die Vollmacht mit einem beurkundungspflichtigen Rechtsgeschäft eng verbunden sein, ist auch die Vollmacht selbst beurkundungspflichtig beziehungsweise muss die Unterschrift beglaubigt werden. Dies ist insbesondere bei Grundstücksgeschäften, Bürgschaften, Eheverträgen, Verbraucherdarlehensverträge und der Gründung von Gesellschaften mit beschränkter Haftung der Fall.

2. Fortgeschrittene elektronische Signatur

Die fortgeschrittene elektronische Signatur muss

(i) eindeutig dem Unterzeichnenden zuzuordnen sein,

(ii) dessen Identifizierung ermöglichen,

(iii) mit Mitteln erstellt werden, die unter der alleinigen Kontrolle des Unterzeichners stehen, und

(iv) sicherstellen, dass eine nachträgliche Veränderung erkannt werden kann.

Damit bietet die fortgeschrittene elektronische Signatur einen höheren Schutz vor Manipulation als die einfache elektronische Signatur, weil strengere Kriterien zur Identitätsprüfung der Parteien erfüllt werden müssen.

Eine fortgeschrittene elektronische Signatur wird mittels des sogenannten Public Key Verfahrens generiert. Vertrauensdienste-Anbieter (Trust Service Provider) oder Dienstleister, die mit einem solchen Anbieter zusammenarbeiten, wie DocuSign, stellen einen privaten und einen öffentlichen elektronischen Schlüssel dem Unterzeichnenden und dem Erklärungsempfänger über ihre Web-Anwendung zur Verfügung, sowie gegebenenfalls die nötige Hardware. Das zu unterzeichnende Dokument wird zunächst mit Hilfe einer Hashfunktion verschlüsselt. Zudem wird ein Hashwert erstellt, der durch die privaten und öffentlichen Schlüssel des Unterzeichners verschlüsselt wird. Im Anschluss wird dieser Hashwert an den Empfänger versendet und durch den öffentlichen Schlüssel des Empfängers entschlüsselt. Der Empfänger wiederholt dieses Verfahren, sollte er das Dokument gegenzeichnen müssen.

Auch bei der fortgeschrittenen elektronischen Signatur erfolgt keine Verifizierung der Identität des Signaturerstellers. Das heißt, die Person, die den privaten Schlüssel einer dritten Person besitzt, könnte in deren Namen Dokumente unterzeichnen. Zudem sind für die fortgeschrittene elektronische Signatur keine bestimmten Sicherheitsanforderungen an die Schlüsselverwaltung und an die Software- und Hardwareeinheiten zur Speicherung und Anwendung des jeweiligen Signaturschlüssels (Signaturerstellungsdaten) vorgesehen.

Somit ist die Erstellung der fortgeschrittenen elektronischen Signatur mit einem recht hohen technischen Aufwand verbunden, bietet jedoch nicht denselben Schutz wie die qualifizierte elektronische Signatur. Da aufgrund der Verschlüsselung ein höheres Sicherheitsniveau erreicht ist als bei der einfachen elektronischen Signatur, kann es jedoch in einzelnen Fällen sinnvoll sein, diese Art der elektronischen Signatur zu verwenden.

Anwendungsbereich der fortgeschrittenen elektronischen Signatur

Die fortgeschrittene elektronische Signatur ist nicht dafür geeignet, die Schriftform zu ersetzen. Der Anwendungsbereich der fortgeschrittenen elektronischen Signatur entspricht dem Anwendungsbereich der einfachen elektronische Signatur (siehe unter II. 1.).

3. Qualifizierte elektronische Signatur

Die qualifizierte elektronische Signatur ist die einzige Art der elektronischen Signaturen, die geeignet ist, die Schriftform zu ersetzen. Eine Einwilligung der Gegenseite zur Verwendung der elektronischen Form ist nicht erforderlich.

Zur Erstellung einer qualifizierten elektronischen Signatur muss eine fortgeschrittene elektronische Signatur vorliegen (siehe Anforderungen unter II.2 (i)-(iv)). Diese muss auf Basis eines qualifizierten Zertifikats, das zum Zeitpunkt der Erstellung der elektronischen Signatur gültig ist, und mittels einer qualifizierten Signaturerstellungseinheit erstellt worden sein. Das qualifizierte Zertifikat stellt einen elektronischen Identitätsnachweis des Signaturerstellers dar. Nur Vertrauensdienste-Anbieter dürfen diese qualifizierten Zertifikate ausstellen, die den Verwendern über die Webanwendung des Vertrauensdienste-Anbieters oder der mit den Vertrauensdienste-Anbietern kooperierenden Dienstleistern zur Verfügung gestellt werden. Durch die detaillierten Anleitungen dieser Dienstleister, die direkt mit den Vertrauensdienste-Anbietern in Kontakt treten, ist das Verfahren der qualifizierten elektronischen Signatur mittlerweile auch in der Praxis weiterverbreitet.

Anwendungsbereich der qualifizierten elektronischen Signatur

Jegliche Willenserklärungen oder Verträge, die Schriftform voraussetzen, können mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen werden. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass nicht eine strengere Form, wie eine Beglaubigung der Unterschrift, vorgesehen und die elektronische Form nicht ausgeschlossen ist (siehe dazu unter III.). Die Ersetzung der Schriftform durch elektronische Form (siehe § 126 Abs. 3 BGB) ist unter anderem in folgenden Fällen möglich:

  • Verträge, die aufgrund einer Parteiabrede Schriftform verlangen;
  • Befristete Mietverträge (§§ 580 Abs. 1, 550 Abs. 1 BGB) – bei Nichtwahrung der Form gilt der Vertrag als auf unbefristete Zeit geschlossen;
  • Kündigung des Wohnraummietverhältnisses (§ 568 Abs. 1 BGB);
  • Widerspruch des Mieters gegen Kündigung (§ 574 b Abs. 1 S. 1 BGB);
  • Vorkaufsrecht des Mieters (§ 577 BGB);
  • Anzeige der Abtretung gegenüber Schuldnern (§ 410 Abs. 2 BGB)
  • Beschluss der Mitglieder eines Vereins im Umlaufverfahren (§ 32 Abs. 2);
  • Empfangsbekenntnis des Gläubigers nach Leistungserbringung (§ 368 BGB);
  • Genehmigung der Übernahme einer Hypothekenschuld bei Grundstücksveräußerung (§ 416 BGB);
  • Gründungsbericht der Aktiengesellschaft (§ 32 Abs. 1 AktG);
  • Einberufung der Hauptversammlung der Aktiengesellschaft durch die Minderheit (§ 122 Abs. 1 S. 1 AktG).

 

III. Ausschluss der Ersetzung der Schriftform durch elektronische Signatur

Selbst wenn die qualifizierte elektronische Signatur verwendet wird, verbietet das Gesetz in einigen Fällen, die Schriftform durch die elektronische Form zu ersetzen. Wird die elektronische Form in diesen Fällen trotzdem verwendet, folgt daraus meist die Formunwirksamkeit und damit die Nichtigkeit des Vertrages oder der Willenserklärung.

Insbesondere in folgenden Fällen darf die Schriftform nicht durch die elektronische Form ersetzt werden:

  • Teilzeit-Wohnrechtsvertrages (§ 484 Abs. 1 BGB)
  • Verbraucherdarlehensverträge (§ 492 Abs. 1 BGB)
  • Kündigung eines Arbeitsvertrages (§ 623 BGB)
  • Zeugniserteilung im Rahmen eines Dienstverhältnisses (§ 630 S. 3 BGB)
  • Abschluss befristeter Arbeitsverträge (§ 14 TzBfG) – bei Nichtwahrung der Form gilt der Vertrag als auf unbefristete Zeit geschlossen;
  • Bürgschaftserklärung (§ 766 S. 2 BGB)
  • Schuldversprechen (§ 780 S. 2 BGB)
  • Schuldanerkenntnis (§ 781 S. 2 BGB)

 

IV. Fazit

Im Rahmen der täglichen Geschäftsvorgänge bietet insbesondere die einfache elektronische Form die Möglichkeit, eine rechtswirksame Unterschrift einfach und schnell zu erzeugen. Für die wenigen Verträge und Willenserklärungen, die Schriftform voraussetzen, stellt die qualifizierte elektronische Signatur die einzige Option dar, die Schriftform wirksam zu ersetzen. Da in einigen Fällen jedoch gesetzlich ausgeschlossen ist, dass Schriftform durch elektronische Form ersetzt wird, sollte im Zweifelsfall die Erklärung oder der Vertrag händisch unterzeichnet oder Rechtsrat eingeholt werden.

 

Eva Maier M.B.A.

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