M&A-Praxis: Auslandsbeurkundung nach BGH zulässig

Seit der Reform des GmbH-Gesetzes durch das MoMiG im Jahr 2008 war umstritten, ob die Beurkundung der Übertragung von GmbH-Geschäftsanteilen noch immer durch einen ausländischen Notar vorgenommen werden kann. Vor Inkrafttreten der Reform wurden M&A-Transaktionen aus Kostengründen häufig im Ausland beurkundet, insbesondere in Basel/Schweiz, da dies nach der Rechtsprechung zulässig war. Der BGH hat nunmehr entschieden, dass nach neuer Rechtslage dasselbe gilt. Die mit dem Thema in Zusammenhang stehenden Rechtsfragen werden nachfolgend kurz erörtert.

1. Einleitende Hinweise

Nach § 15 Abs. 3 GmbHG bedarf die Abtretung von GmbH-Geschäftsanteilen der notariellen Beurkundung. Die Notargebühren richten sich nach deutschem Recht (KostO) nach dem Gegenstandswert und damit regelmäßig dem Kaufpreis, der für die abzutretenden Geschäftsanteile zu leisten ist. Aufgrund der Gebührensätze, die von deutschen Notaren nicht unterschritten werden dürfen, sind die Notargebühren bei größeren M&A-Transaktionen, in deren Rahmen GmbH-Anteile übertragen werden, regelmäßig ein bedeutender Kostenfaktor.

Aus diesem Grund wurde die Beurkundung häufig, wenn auch sicher nicht in der Mehrheit der M&A-Deals, im Ausland vorgenommen, insbesondere in der Schweiz, wo die Notare bei der Festsetzung der Beurkundungsgebühren flexibler sind.

2. Die Rechtslage vor MoMiG

Ob solche Auslandsbeurkundungen wirksam sind, war bereits vor dem Inkrafttreten der GmbH-Reform umstritten. Insbesondere die deutschen Notare standen dem „Beurkundungstourismus“ verständlicherweise kritisch gegenüber.

Der BGH hatte allerdings bereits in den frühen 80er-Jahren die Wirksamkeit der Auslandsbeurkundung unter der Voraussetzung bejaht, dass „die ausländische Urkundsperson nach Vorbildung und Stellung im Rechtsleben eine der Tätigkeit des deutschen Notars entsprechende Funktion ausübt und für die Errichtung der Urkunde ein Verfahrensrecht zu beachten hat, das den tragenden Grundsätzen des deutschen Beurkundungsrecht entspricht“ (vgl. BGH-Beschluss vom 16.02.1981 – II ZB 8/80, BGHZ 80, 76, 78 f.). In diesem Fall sei die Beurkundung durch den ausländischen Notar nämlich der durch den deutschen Notar gleichwertig, und es sei dann auch unschädlich, wenn der ausländische Notar keine genaue Kenntnis des deutschen Gesellschaftsrechts besitze. Insbesondere für Notare im Kanton Basel-Stadt/Schweiz war die „Gleichwertigkeit“ ausdrücklich anerkannt. Die rechtswissenschaftliche Literatur ist dem größtenteils gefolgt.

Rechtlicher Hintergrund für die Zulässigkeit der Auslandsbeurkundung ist, dass die notarielle Beurkundung der Übertragung von GmbH-Geschäftsanteilen zwar neben der Beweisfunktion (die durch die Beurkundung im Ausland ebenfalls gewährleistet werden kann) auch eine (in § 17 BeurkG ausdrücklich vorgesehene) Prüfungs- und Belehrungsfunktion erfüllt, die Parteien auf diese Prüfung und Belehrung aber auch verzichten könnten, was sie durch die Beurkundung durch einen ausländischen Notar auch zum Ausdruck bringen.

3. Änderung des Beurkundungsrechts durch die GmbHG-Reform?

Teilweise wurde in der rechtswissenschaftlichen Literatur angenommen, dass seit der Reform des GmbH-Gesetzes durch das MoMiG im Jahr 2008 eine Auslandsbeurkundung nicht mehr zulässig sei. Zwar wurde in diesem Rahmen die einschlägige Vorschrift des § 15 Abs. 3 GmbHG gar nicht geändert. Argumentiert wurde aber mit der Neuregelung anderer Vorschriften, insbesondere § 8 Abs. 3 GmbHG, und den Gesetzesmaterialien zum MoMiG, insbesondere zum neu gefassten § 16 Abs. 1 GmbHG.

In § 8 Abs. 3 GmbHG, der die Belehrung der Geschäftsführer über Auskunftspflichten betrifft, sei der ausländische Notar ausdrücklich genannt, weswegen im Wege eines Umkehrschlusses davon auszugehen sei, dass dort, wo nur vom „Notar“ die Rede sei, allein der deutsche Notar gemeint sei.

Auch die Neuregelungen in den §§ 16 Abs. 1 und 40 GmbHG, durch die die Relevanz der Gesellschafterliste erhöht und eine Verpflichtung der Geschäftsführer bzw. der Notare (sofern diese an einer Veränderung der Beteiligung von Gesellschaftern oder dem Umfang der Beteiligung mitgewirkt haben) zur Einreichung einer aktualisierten Liste statuiert wird, wurden als Argument gegen eine Auslandsbeurkundung vereinzelt herangezogen, insbesondere ein Passus, wonach durch die Neuregelungen „Lücken bei der Auslandsbeurkundung“ geschlossen würden.

4. Die Entscheidung des BGH

Den kritischen Stimmen hat der BGH eine Abfuhr erteilt, und sich für die Zulässigkeit der Auslandsbeurkundung auch nach neuem Recht entschieden (vgl. BGH-Beschluss vom 17.12.2013 – II ZB 6/13, abgedruckt u.a. in DB 2014, 292).

Durch die Neuregelung des § 8 Abs. 3 GmbHG habe eine umstrittene Spezialfrage zur schriftlichen Belehrung durch einen ausländischen Notar entschieden werden sollen, die für den hier in Rede stehenden Fall schon deshalb ohne Relevanz sei, weil in jenem Rahmen die Belehrung durch jeden ausländischen Notar erfolgen könne und nicht, wie bei der Frage der Abtretung von GmbH-Geschäftsanteilen, ein Gleichwertigkeitserfordernis bestehe.

Die Gesetzesmaterialien zur Neuregelung der Bestimmungen über die Gesellschafterliste ließen nicht darauf schließen, dass die Auslandsbeurkundung fortan unzulässig sei. Das Gegenteil sei der Fall, weil eine etwaige Abkehr von der geltenden Rechtslage wohl in der Gesetzesbegründung ausdrücklich erläutert worden wäre. Da sogar die vollständige Aufgabe oder zumindest Erleichterungen des Beurkundungserfordernisses diskutiert worden seien, könne man zumindest nicht davon ausgehen, dass eine Verschärfung der Anforderungen beabsichtigt gewesen sei. Zudem stehe eine Erschwerung auch nicht mit dem Zweck des MoMiG, die GmbH zu deregulieren und zu modernisieren und damit ihre Attraktivität gegenüber ausländischen Rechtsformen zu steigern, in Einklang.

In der Sache ist dem BGH beizupflichten. Es gibt sicher gewichtige Gründe sowohl für und gegen die Zulässigkeit der Auslandsbeurkundung. Die Unzulässigkeit aber mit den Änderungen im GmbHG durch das MoMiG begründen zu wollen, überzeugt aus den vom BGH aufgeführten Gründen nicht. Die Möglichkeit der Auslandsbeurkundung ist seit gut 30 Jahren höchstrichterlich geklärt, und der BGH sah zu Recht keinen Anlass, anlässlich des MoMiGs eine Neubewertung vorzunehmen.

5. Fazit und Ausblick

Gleich, ob man Befürworter oder Gegner der Zulässigkeit von Auslandsbeurkundungen ist: Dass bei einem so praxisrelevanten Thema nun wieder Rechtssicherheit herrscht, ist in jedem Fall zu begrüßen.

Kostengründe können in manchen Fällen den Ausschlag geben, sich für eine Beurkundung im Ausland zu entscheiden. Wie auch schon vor Inkrafttreten der GmbHG-Reform ist auch jetzt jedoch nicht zu erwarten, dass in der überwiegenden Zahl der Fälle eine Beurkundung im Ausland vorgenommen werden wird, und zwar gerade im Rahmen komplexerer M&A-Deals.

Denn in der Endphase einer Transaktion ist es von unschätzbarer Bedeutung, einen kurzen Draht zum beurkundenden Notar zu haben, um bei den häufig vorkommenden Änderungen der Dokumentation in letzter Minute, Terminverschiebungen und Sonderwünschen einen Sparringspartner zu haben, der die Beteiligten (Anwälte und/oder Parteien) gut kennt, deren Tempo mitgehen kann und, im Idealfall, eine letzte Instanz der Qualitätskontrolle darstellt. All dies kann im Einzelfall auch ein Schweizer Notar leisten; gerade die mit der Beurkundung „deutscher“ Transaktionen regelmäßig befassten Notare in Basel kennen das deutsche Recht und vor allem die M&A-Praxis oftmals sehr gut. Weitaus häufiger wird jedoch nach unserer Erfahrung ein in den Bereichen Unternehmenskauf und Gesellschaftsrecht besonders erfahrener deutscher Notar, der im Idealfall regelmäßig mit den Parteien zusammenarbeitet, diese Rolle eher ausfüllen können.

Wenn man weiterhin berücksichtigt, dass bei einer Auslandsbeurkundung für alle an der Transaktion beteiligten Parteien Aufwand und Kosten für die Reise und deren Planung entstehen, relativiert sich auch der Kostenvorteil der Beurkundung vor einem ausländischen Notar erheblich, so dass auch nach dem neuen Beschluss des BGH nicht zu erwarten ist, dass sich die Auslandsbeurkundung bei M&A-Transaktionen zu einem Massenphänomen entwickeln wird.