Besteuerung von Managementbetei­ligungsprogrammen: BFH zu Arbeitslohn im Zusammenhang mit der Veräußerung von Genussrechten

Der BFH hat mit seinem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 5.11.2013 (VIII R 20/11) entschieden, dass der Überschuss aus dem Rückverkauf von Genussrechten am Arbeitgeber beim Arbeitnehmer als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zu qualifizieren ist, wenn der Arbeitnehmer diese Genussrechte bei Laufzeitende nur an den Arbeitgeber veräußern kann und die Höhe des Rückkaufswerts davon abhängt, wie das Anstellungsverhältnis endet. Es ist derzeit nicht auszuschließen, dass dieses Urteil negative Auswirkungen auf die steuerliche Einordnung auch von gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen im Rahmen von Managementbeteiligungsprogrammen haben könnte, in denen Good-Leaver- und Bad-Leaver-Klauseln vorgesehen sind.

Sachverhalt (vereinfacht)

In dem vom BFH entschiedenen Fall wurde dem Geschäftsführer einer GmbH im Dezember 2000 ein Genussrecht (zehn Jahre Laufzeit, 10 % Verzinsung, Kündigungsmöglichkeit mit Jahresfrist jeweils zum Ende eines Kalenderjahres) an der GmbH eingeräumt, um diesen als Führungskraft an der Wertsteigerung des Unternehmens in Höhe von 2 % zu beteiligten. Das Genussrecht sah für den Geschäftsführer weder Gesellschafterrechte noch eine Beteiligung am Verlust vor und konnte ausschließlich an die GmbH übertragen werden. Bei Ausscheiden des Geschäftsführers aus der GmbH sollte das Genussrecht enden und der Rückkaufswert anhand des Unternehmenswerts nach Stuttgarter Verfahren berechnet werden. Der Ausgabepreis von DM 20.000 entsprach dabei dem Wert des Genussrechts. Zwei Jahre später, im Dezember 2002, änderten die Parteien den Genussrechtsvertrag wie folgt:

  • Beendigung des Genussrechts zum 31.12.2003.
  • Fester Rückkaufswert zum 31.12.2003 in Höhe von EUR 1,6 Mio. (nach der ursprünglichen Vereinbarung hätte sich nur ein Rückkaufswert in Höhe von EUR 1,1 Mio. ergeben).
  • Aufnahme einer sog. Verfallklausel: Endet das Anstellungsverhältnis wegen schuldhaften Verhaltens des Geschäftsführers vorzeitig (sog. „Bad Leaver“-Regelung), erhält der Geschäftsführer für das Genussrecht nur das eingesetzte Kapital zurückbezahlt.

Entscheidung des BFH

Gegenstand des finanzgerichtlichen Verfahrens war nur noch die steuerliche Behandlung der Differenz zwischen dem neu vereinbarten Rückkaufswert in Höhe von EUR 1,6 Mio. und dem ursprünglichen vereinbarten Wert nach Maßgabe des Stuttgarter Verfahrens (EUR 1,1 Mio.). Der BFH qualifizierte den dem Geschäftsführer für die Rückübertragung des Genussrechts gewährten Differenzbetrag als Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit. Dem Vorteil aus dem Rückkauf habe keine vom Arbeitsverhältnis unabhängige Sonderrechtsbeziehung zu Grunde gelegen. Vielmehr sei der Differenzbetrag für die Rückübertragung durch das Beschäftigungsverhältnis des Klägers veranlasst gewesen.

Wesentliches Indiz für einen Zusammenhang mit dem Dienst- bzw. Arbeitsverhältnis war für den BFH, dass sich der Wert des Genussrechts im vorliegenden Sachverhalt nicht unabhängig von dem Anstellungsverhältnis habe entwickeln können. Gemäß dem geänderten Genussrechtsvertrag vom Dezember 2002 hing die Höhe des Rückkaufswerts für das Genussrecht alleine davon ab, wie das Anstellungsverhältnis des Geschäftsführers endet. Dem Geschäftsführer habe bei Beendigung seines (befristeten) Dienstvertrags grundsätzlich der volle vereinbarte Rückkaufswert in Höhe von EUR 1,6 Mio. zugestanden. Nur wenn der Dienstvertrag vorzeitig wegen schuldhaften Verhaltens des Geschäftsführers gekündigt worden wäre, hätte dieser lediglich sein eingesetztes Kapital zurückbekommen. Da die Höhe des konkreten Rückkaufsbetrages alleine vom Verhalten des Geschäftsführers abhängig gewesen sei, sei darin eine Belohnung für seine Arbeitsleistung und damit die Zahlung als durch das Arbeitsverhältnis veranlasst anzusehen.

Stellungnahme

Nach der Rechtsprechung des BFH kommt es für die Qualifikation der Einkünfte aus dem Mitarbeiterbeteiligungsprogramm als Arbeitslohn bzw. Einkünfte aus Kapitalvermögen maßgeblich darauf an, ob die Zuwendung auf Grundlage eines Sonderrechtsverhältnisses begründet wird, das unabhängig vom Arbeitsverhältnis ist. Dabei prüft der BFH in einer Gesamtschau verschiedene Indizien, insbesondere wer die teilnahmeberechtigten Mitarbeiter sind oder ob eine enge wirtschaftliche Verknüpfung von Beteiligungsprogramm und dem Bestand des Arbeitsverhältnisses besteht (sog. Verfallklausel).

Im vorliegenden Urteil stellt der BFH darauf ab, dass nach dem (geänderten) Genussrechtsvertrag die Höhe des Rückkaufswerts einzig vom Verhalten des Arbeitnehmers abhing. Aus der Entscheidung geht unseres Erachtens aber nicht eindeutig hervor, ob die vom BFH vorgenommene Qualifikation lediglich für den noch streitgegenständlichen Differenzbetrag zwischen dem neu vereinbarten Rückkaufwert in Höhe von EUR 1,6 Mio. und dem ursprünglichen vereinbarten Wert nach Maßgabe des Stuttgarter Verfahrens (EUR 1,1 Mio.) gelten soll, oder nach Auffassung des entscheidenden Senats insgesamt der gesamte Rückkaufsbetrag in Höhe von EUR 1,6 Mio. als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit eingeordnet werden sollte.

Es ist noch nicht vollumfänglich abzusehen, wie sich diese Entscheidung auch auf gesellschaftsrechtliche Beteiligungen im Rahmen von Managementbeteiligungsprogrammen auswirken wird. Üblicherweise sehen Mitarbeiterbeteiligungsprogramme, die vor allem bei Portfoliounternehmen von Finanzinvestoren implementiert werden, sog. Verfallsklauseln in Form von „Good Leaver“- und „Bad Leaver“-Klauseln vor. Dabei wird vielfach hinsichtlich Rückkaufpreis und Rückzahlungsbedingungen im Rahmen einer Call-Option des Arbeitgebers bzw. des Finanzinvestors für die von dem einzelnen Manager gehaltenen Anteile nach dem Grund für die Beendigung der Tätigkeit des Managers differenziert.

Insbesondere aufgrund der etwas untypischen Fallgestaltung mit der betragsmäßigen Fixierung des Rückkaufpreises im vorliegenden Fall sind unseres Erachtens die Ausführungen des BFH nicht uneingeschränkt auf weitere Mitarbeiterbeteiligungsprogramme mit Verfallsklauseln übertragbar. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass die Finanzverwaltung die vorliegende Entscheidung zum Anlass nimmt, insbesondere in Betriebsprüfungen Managementbeteiligungsprogramme anzugehen und zu versuchen, die Erlöse daraus bei den Managern als Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit zu qualifizieren.

Vor Implementierung oder auch Abänderung eines Mitarbeiterbeteiligungsprogramms ist es daher wie auch schon bisher empfehlenswert, die steuerlichen Konsequenzen des Managementbeteiligungsprogrammes vorab mit der Finanzverwaltung im Rahmen einer Lohnsteueranrufungsauskunft oder einer verbindlichen Auskunft abzustimmen.

Exkurs – Maßgeblicher Zuflusszeitpunkt

Neben der Qualifikation der Einkünfte aus dem Mitarbeiterbeteiligungsprogramm als Arbeitslohn bzw. Einkünften aus Kapitalvermögen stellt sich regelmäßig auch die Frage, wann der steuerliche Zufluss von Einkünften bei dem jeweiligen Mitarbeiter vorliegt. Das Mitarbeiterbeteiligungsprogramm sollte so ausgestaltet sein, dass der steuerliche Zufluss erst dann erfolgt, wenn auch ein entsprechender Cash-Zufluss vom Mitarbeiter vereinnahmt wird, aus dem die Steuerschuld beglichen werden kann (Vermeidung von sog. „Dry Income“). Dies setzt insbesondere voraus, dass dem Mitarbeiter die Beteiligung am Unternehmen zu fremdüblichen Bedingungen angeboten wird, d.h. bei Einräumung der Beteiligungsmöglichkeit kein Vorteil als verdeckter Arbeitslohn gewährt wird. Ein solcher verdeckter Vorteil kann bspw. in einem zu geringen Kaufpreis oder besonders günstigen Konditionen für die Finanzierung der Mitarbeiterbeteiligung liegen. Daher ist es empfehlenswert, auch die Frage eines lohnsteuerlichen Zuflusses bei Einräumung der entsprechenden Beteiligung im Rahmen der Lohnsteueranrufungsauskunft mit dem zuständigen Finanzamt zu klären.