Was macht eigentlich die Geschlechter­quote?

Am 25. März 2014 hatten die Bundesminister Heiko Maas und Manuela Schwesig Leitlinien eines „Gesetzes für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im Öffentlichen Dienst“ vorgestellt. Das Gesetzesvorhaben will das in der Öffentlichkeit unter dem Stichwort „Frauenquote“ bzw. „Geschlechterquote“ diskutierte Thema gesetzlich verankern. Zwischenzeitlich ist wenig passiert. Gestern ist nun mit erheblicher Verspätung der angekündigte Gesetzesentwurf vorgelegt worden. Dies gibt Anlass, sich den gegenwärtigen Stand der Diskussion zu vergegenwärtigen.

Aktueller Stand

Nachdem das Thema „Geschlechterquote“ in der letzten Legislaturperiode keiner weiteren gesetzlichen Regelung zugeführt werden konnte, es aber durchaus im Wahlkampf thematisiert wurde, fand im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD diesbezüglich eine recht eindeutige Positionierung statt: gefordert wurde pauschal eine Geschlechterquote von mindestens 30 % sowohl für die Anteilseigner- als auch die Arbeitnehmerbank im Aufsichtsrat von Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien (KGaA) und Europäischen Aktiengesellschaften (SE).

Wörtlich heißt es hierzu im Koalitionsvertrag: „Wir wollen den Anteil weiblicher Führungskräfte in Deutschland erhöhen. Deshalb werden wir zu Beginn der 18. Wahlperiode des Deutschen Bundestages Geschlechterquoten in Vorständen und Aufsichtsräten in Unternehmen gesetzlich einführen. Aufsichtsräte von voll mitbestimmungspflichtigen und börsennotierten Unternehmen, die ab dem Jahr 2016 neu besetzt werden, sollen eine Geschlechterquote von mindestens 30 % aufweisen. Wir werden eine Regelung erarbeiten, dass bei Nichterreichen dieser Quote die für das unterrepräsentierte Geschlecht vorgesehenen Stühle frei bleiben.“

Und weiter: „Wir werden börsennotierte oder mitbestimmungspflichtige Unternehmen gesetzlich verpflichten, ab 2015 verbindliche Zielgrößen für die Erhöhung des Frauenanteils im Aufsichtsrat, Vorstand und in den obersten Management-Ebenen festzulegen und zu veröffentlichen und hierüber transparent zu berichten. Die ersten Zielgrößen müssen innerhalb der 18. Wahlperiode des Deutschen Bundestages erreicht werden und dürfen nicht nachträglich nach unten berichtigt werden.“

Bundesjustiz- und Verbraucherschutzminister Heiko Maas und Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig haben sodann das Thema zu Anfang der aktuellen Legislaturperiode aufgegriffen und einen Gesetzesentwurf innerhalb der ersten 100 Tage versprochen. Tatsächlich wurde dann jedoch kein Gesetzesentwurf, sondern lediglich die erwähnten "Leitlinien“ vorgestellt.

Im Juli diesen Jahres hieß es aus gut informierten Kreisen, dass der Gesetzentwurf des Bundesministerium der Justiz und für den Verbraucherschutz (kurz: BMJV) zwischenzeitlich hausintern fertiggestellt gestellt sei und sich derzeit in der Ressortabstimmung innerhalb der Bundesregierung befinde. Seit dem gab es keine Neuigkeiten. Spekulation in der Presse zufolge war der Entwurf aber regierungsintern auf erhebliche Kritik gestoßen. Gestern ist nun der Gesetzesentwurf Presseberichten zufolge an Länder, die Sozial- und Wirtschaftsverbände verteilt worden. Sie haben bis zum 7. Oktober Zeit, Stellung zu nehmen. Von erheblicher Kritik ist auszugehen.

Geplante Inhalte

Die derzeit bekannten Eckpunkte der geplanten Regelungen sind schnell berichtet. Im Kern geht es um Folgendes:

Echte Geschlechterquote für Unternehmen, die börsennotiert und mitbestimmt sind

Für Unternehmen, die sowohl börsennotiert als auch paritätisch mitbestimmt sind, ist eine echte Geschlechterquote iHv. 30 % geplant. Jedes Geschlecht muss also mindestens zu 30 % repräsentiert sein und zwar sowohl auf Seiten der Anteilseigner als auch auf Seiten der Arbeitnehmervertreter.

Nach Aussage der Bundesregierung seien hiervon in Deutschland rund 120 Unternehmen betroffen. Wird die Quote nicht erfüllt, so soll das betreffende Aufsichtsratsmandat einstweilen leer bleiben.

Verbindliche Zielvorgaben für Unternehmen, die entweder börsennotiert oder mitbestimmt sind

Die zweite Gruppe der von den geplanten Neuerungen betroffenen Unternehmen sind solche, die entweder börsennotiert oder paritätisch mitbestimmt sind. Dies sollen in Deutschland rund 2.500 Unternehmen sein.

Für diese Unternehmen soll keine starre Quote gelten, sondern lediglich verbindliche Zielvorgaben, die dann allerdings nicht nur die Besetzung des Aufsichtsrats, sondern auch die des Vorstands und der oberste Management-Ebenen betreffen. Betroffene Unternehmen sollen sich selbst verbindliche Zielgrößen setzen, diese veröffentlichen und über den Erfolg oder Misserfolg deren Erreichung transparent berichten. Die Zielgrößen sollen unternehmensseitig periodisch neu festgelegt werden.

Ursprünglich sollten die Zielgrößen dabei nach der Konzeption des Gesetzgebers die Besetzung mit mindestens einem Mann und einer Frau vorschreiben, was Vielfach zu einem Besetzungszwang insbesondere im Vorstand mit mindestens einer Frau geführt hätte. Im gestern vorgelegten Gesetzesentwurf ist dieser Punkt nunmehr gestrichen.

Ausblick

Der Ausblick muss vage bleiben und zwar sowohl in zeitlicher aber auch in inhaltlicher Hinsicht. Darüber, ob und wann das Gesetz kommt, kann kaum eine verlässliche Aussage getroffen werden. So gab es gerade im Gesellschaftsrecht in der jüngeren Vergangenheit genug Beispiele dafür, wie sich Gesetzesvorhaben immer weiter in die Länge ziehen können (so datiert beispielsweise der erste Entwurf der letzten Aktienrechtsnovelle vom November 2010 und ist bis heute noch immer nicht Gesetz). Insbesondere wird abzuwarten sein, wie die bis zum 7. Oktober einzureichenden Stellungnahmen ausfallen werden.

Auch wird man die verschiedenen neuralgischen Punkte des geplanten Gesetzes tatsächlich erst dann analysieren können, wenn der Gesetzesentwurf analysiert und die Stellungnahmen hierzu vorliegen. Ansatzpunkte für potentielle juristische Probleme gibt es freilich zu Genüge. Genannt seien nur Konsequenzen aus „freibleibenden Aufsichtsratsmandaten“ bei Verstoß gegen die Geschlechterquote (z.B. für die Beschlussfähigkeit des Aufsichtsrats), Bestimmung der obersten Management-Ebenen sowie der Zielvorgabe (prozentual vs. absolut) und deren Höhe (Berücksichtigung der bereits vorhandenen Quoten). Es bleibt also spannend. Über neue Entwicklungen werden wir Sie auf dem Laufenden halten.