Corporate Governance Kodex 2015

Die Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex hat am 5. Mai 2015 im Rahmen der jährlichen Revision des Deutschen Corporate Governance Kodex („DCGK“) einige materielle Kodexänderungen beschlossen, die vor allem die weiter zunehmende Bedeutung der Rolle des Aufsichtsrats unterstreichen. Darüber hinaus wurde im Rahmen der Kodexpflege eine Reihe von Anpassungen, insbesondere zur besseren Lesbarkeit und weiteren Verschlankung, vorgenommen. Die neuen Empfehlungen gelten ab ihrer Veröffentlichung im Bundesanzeiger, die am 12. Juni 2015 erfolgt ist.

1. Einführung

Die Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex hat am 5. Mai 2015 drei materielle Kodexänderungen beschlossen, die vor allem die weiter zunehmende Bedeutung der Rolle des Aufsichtsrats unterstreichen. Darüber hinaus wurde im Rahmen der Kodexpflege eine Reihe von Anpassungen, insbesondere zur besseren Lesbarkeit und weiteren Verschlankung, vorgenommen. Schließlich wurden entsprechend dem Auftrag an die Kommission die am 1. Mai 2015 in Kraft getretenen neuen gesetzlichen Bestimmungen für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst im Kodex nachgezeichnet. Die Neufassung des Kodex wurde am 12. Juni 2015 veröffentlicht und ist damit in Kraft getreten.

Bei der regelmäßigen Überprüfung des Kodex folgt die Regierungskommission in diesem Jahr dem Grundsatz, nicht mehr Notwendiges zu streichen, Präzisierungen vorzunehmen, wo es sinnvoll ist, zwischenzeitliche Gesetzesänderungen nachzuvollziehen und materielle Veränderungen mit großer Zurückhaltung vorzusehen.

2. Materielle Kodexänderung

Im Einzelnen wurden die folgenden materiellen Änderungen des DCGK beschlossen:

  • Der Aufsichtsrat einer börsennotierten Gesellschaft soll unternehmensspezifisch eine Regelgrenze für die Zugehörigkeitsdauer zu diesem Gremium festlegen (Ziff. 5.4.1 Abs. 2 DCGK).

    Ziel dieser erweiterten Empfehlung soll sein, dass sich der Aufsichtsrat bewusst auch unter dem Aspekt der Zugehörigkeitsdauer von Aufsichtsratsmitgliedern mit der im Sinne des Unternehmens besten Zusammensetzung des Gremiums auseinandersetzt. Dabei betont die Kodexkommission, dass auch im Aufsichtsrat auf eine gute Mischung der verschiedenen Expertisen, von Alter und Gender, aber auch der Verweildauer in dem Gremium geachtet werden soll. Die Regelgrenze ist zusammen mit den anderen Zielvorgaben betreffend die Zusammensetzung des Aufsichtsrats nach Ziff. 5.4.1 Abs. 2 DCGK und dem jeweiligen Stand der Umsetzung im Corporate Governance Bericht zu veröffentlichen.

  • Der Aufsichtsrat soll sich für seine Vorschläge zur Wahl neuer Aufsichtsratsmitglieder an die Hauptversammlung bei dem jeweiligen Kandidaten vergewissern, dass er den zu erwartenden Zeitaufwand aufbringen kann (Ziff. 5.4.1 Abs. 4 DCGK).

    Laut der Kodexkommission soll diese Empfehlung vor allem mehr Transparenz für die Kandidaten sowie für den Aufsichtsrat mehr Klarheit schaffen, was man von den Kandidaten erwarten kann. Die Praxis zeige, dass die zeitliche Belastung im Zuge der gestiegenen Anforderungen an Aufsichtsräte deutlich zugenommen hat. Neben den Plenarsitzungen des Aufsichtsrats und den Hauptversammlungen, die vor allem in der Öffentlichkeit im Fokus stehen, nehme die Ausschussarbeit immer mehr Zeit in Anspruch. Hinzu komme u.a. ein gestiegener zeitlicher Aufwand für die Vor- und Nachbereitung von Sitzungen aber auch für Fortbildungen, den es bei der Beurteilung des eigenen Zeitbudgets zu berücksichtigen gelte.

  • Im Bericht des Aufsichtsrats soll künftig vermerkt werden, wenn ein Mitglied des Aufsichtsrats in einem Geschäftsjahr nur an der Hälfte der Sitzungen des Aufsichtsrats und der Ausschüsse, denen er angehört, oder weniger teilgenommen hat. Als Teilnahme gilt auch eine solche über Telefon- oder Videokonferenzen; das sollte aber nicht die Regel sein (Ziff. 5.4.7 DCGK).

    Mit dieser Empfehlung will die Regierungskommission die aus ihrer Sicht wichtige Rolle der Plenar- und Ausschusssitzungen und einer sich am Unternehmensinteresse ausrichtenden Diskussionskultur unterstreichen. So sei es nach Auffassung der Kodexkommission von besonderer Bedeutung, dass ein Aufsichtsratsmitglied nicht nur anhand von schriftlichen Vorlagen an der Beschlussfassung teilnimmt, sondern sich in den ergebnisoffenen und unterschiedliche Standpunkte abwägenden Kommunikationsprozess im Aufsichtsrat einbringt.

  • Schließlich wurden insbesondere im Sinne der Kodexverschlankung zwei Empfehlungen gestrichen (Ziff. 6.2 DCGK und Ziff. 7.1.4 DCGK). In beiden Fällen werden von der Kodexkommission die gesetzlichen Regelungen als ausreichend angesehen.

3. Sonstige Änderungen

Andere Anpassungen spiegeln Gesetzänderungen wider, wie insbesondere das neue Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst (siehe hierzu nachstehend unter 4.), oder dienen der Präzisierung oder besseren Lesbarkeit des Kodex.

4. Handlungsbedarf

Nach der ganz herrschenden Meinung führen unterjährig neu eingeführten Empfehlungen des DCGK, insbesondere für den Fall einer tatsächlichen Abweichung von diesen Empfehlungen, nicht zu einer unverzüglichen Anpassungspflicht der betroffenen Unternehmen. Vielmehr ist es ausreichend, wenn die neuen Empfehlungen anlässlich der nächsten turnusmäßigen Veröffentlichung der Entsprechenserklärung berücksichtigt werden. Etwas anderes würde nur bei unterjähriger Abweichung von Empfehlungen gelten, die bisher ausweislich des zukunftsgerichteten Teils der Entsprechenserklärung eingehalten werden. In diesen Fällen ist eine unverzügliche Berichtigung und neue Veröffentlichung der Entsprechenserklärung notwendig.

Handlungsbedarf besteht schließlich bei der Umsetzung der Vorgaben des Gesetzes für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst vom 24. April 2015, dies jedoch unabhängig von der Neufassung des DCGK, der diese neuen Vorgaben lediglich wiedergibt. Hier sind bis spätestens zum 30. September 2015 die Organbeschlüsse für die Zielquoten in Aufsichtsrat (bei entweder börsennotierten oder mitbestimmten Gesellschaften), Vorstand sowie den beiden dem Vorstand nachgelagerten Führungsebenen zu fassen, wobei die erstmals festzulegenden Fristen zur Erreichung der Zielgrößen nicht länger als bis zum 30. Juni 2017 dauern dürfen. Bei Gesellschaften, die sowohl mitbestimmt als auch börsennotiert sind, ist zudem der gesetzliche Mindestanteil von jeweils 30 % Frauen und Männern im Aufsichtsrat bei erforderlich werdenden Neuwahlen und Entsendungen ab dem 1. Januar 2016 zur Besetzung einzelner oder mehrerer Aufsichtsratssitze zu beachten.