Aktuelles Urteil zum Teilnahmerecht des Vertreters oder Begleiters eines Gesellschafters in der Gesellschafter­versammlung einer GmbH

1. Einleitung

Bei der Vorbereitung von Gesellschafterversammlungen entsteht häufig das Bedürfnis, dass sich Gesellschafter durch einen Vertreter in der Gesellschafterversammlung vertreten lassen, anstatt an der Versammlung persönlich teilzunehmen. In anderen Fällen möchten Gesellschafter durchaus selbst der Gesellschafterversammlung beiwohnen, wünschen aber zu ihrer Unterstützung die Teilnahme eines Begleiters (z.B. ihres Rechtsanwaltes oder Steuerberaters). Mitgesellschafter sehen die Teilnahme von Vertretern oder Begleitern eines Gesellschafters bisweilen kritisch, weil sie durch die Teilnahme von gesellschaftsfremden Dritten an der Versammlung die vertrauliche Behandlung von Gesellschaftsinterna gefährdet sehen oder die unbotmäßige Einflussnahme von außen fürchten. Über das Teilnahmerecht von Vertretern oder Begleitern von Gesellschaftern in Gesellschafterversammlungen entsteht daher nicht selten Streit.

2. Grundsätze für die Zulassung eines Vertreters/Begleiters in GmbH-Gesellschafterversammlungen

Vor diesem Hintergrund ist zu begrüßen, dass das Oberlandesgericht Dresden anerkannte Grundsätze für die Zulassung von Vertretern und Begleitern von Gesellschaftern zur Gesellschafterversammlung einer GmbH kürzlich nochmals bestätigt hat (OLG Dresden, Urteil v. 28.8.2016 – Az. 8 U 347/16):

2.1 Teilnahmerecht von Vertretern

Bei Fehlen entgegenstehender Regelungen in der Gesellschaftssatzung hat jeder GmbH-Gesellschafter das Recht, sich durch einen frei gewählten Vertreter in der Gesellschafterversammlung vertreten zu lassen. Die Verweigerung der Zulassung eines bestimmten Vertreters ist nur bei Vorliegen besonderer Umstände zulässig (z.B. wenn es sich beim gewählten Vertreter um den Geschäftsführer eines Konkurrenzunternehmens handelt) und bedarf zudem eines entsprechenden Gesellschafterbeschlusses. Besonders strenge Anforderungen an die Zurückweisung eines Gesellschaftervertreters gelten, wenn es sich beim Vertreter um einen von Gesetzes wegen zur Verschwiegenheit verpflichteten Berufsgeheimnisträger (Rechtsanwalt, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer) handelt.

Eine Verpflichtung, die Teilnahme des Vertreters bis zu einem bestimmten Zeitpunkt vor der Versammlung bei der Gesellschaft anzumelden, besteht nicht. Vielmehr kann sich der Gesellschafter grundsätzlich bis zur Versammlung offen halten, ob er persönlich teilnimmt oder einen Vertreter entsendet. 

2.2 Teilnahmerecht von Begleitern

Ein Teilnahmerecht von Begleitern, die zusätzlich zum Gesellschafter an der Versammlung teilnehmen sollen, besteht dagegen grundsätzlich nicht. Vielmehr dürfen sich Gesellschafter grundsätzlich nur dann von einem Beistand in der Gesellschafterversammlung unterstützen lassen, wenn die Satzung dies ausdrücklich vorsieht oder die Gesellschafterversammlung die Zulassung des Begleiters durch Mehrheitsbeschluss gestattet.

Darüber hinaus kann ausnahmsweise die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht die Zulassung eines Begleiters gebieten. Dies ist dann der Fall, wenn der Gesellschafter in der Gesellschafterversammlung beratungsbedürftig ist, weil schwerwiegende Entscheidungen (z.B. über den Ausschluss von Gesellschaftern) anstehen und dem Gesellschafter die eigene Sachkunde hierfür fehlt. Besondere Bedeutung kommt dabei dem Grundsatz der Waffengleichheit zu: Die Zulassung eines Begleiters wird insbesondere dann geboten sein, wenn andere Gesellschafter (z.B. aufgrund ihrer Ausbildung oder beruflichen Erfahrungen) über weitergehende Fachkenntnisse verfügen oder an früheren Versammlungen ebenfalls zusammen mit einem Begleiter teilgenommen haben.

2.3 Abweichende Regelungen in der Satzung

Die Gesellschaftssatzung kann von alledem grundsätzlich abweichende Regelungen treffen und z.B. die nur höchstpersönliche Ausübung des Stimmrechts in der Gesellschafterversammlung vorsehen, als Vertreter lediglich Mitgesellschafter zulassen oder die Begleitung durch berufsrechtlich zur Verschwiegenheit verpflichtete Beistände gestatten. Die Zulässigkeit und Wirksamkeit derartiger Satzungsregelungen ist allerdings kritisch zu hinterfragen, wenn sie im Einzelfall zu unzumutbaren Nachteilen für den betroffenen Gesellschafter führen. So wird einem von einem Ausschluss bedrohten Gesellschafter, der an der Versammlung nicht persönlich teilnehmen kann, nicht zuzumuten sein, sich in der Versammlung von einem seinen Ausschluss betreibenden Mitgesellschafter vertreten zu lassen.

2.4 Konsequenzen einer Verletzung des Teilnahmerechts

Sofern einem nach den vorgenannten Grundsätzen teilnahmeberechtigten Vertreter oder Begleiter eines Gesellschafters die Teilnahme an der Gesellschafterversammlung zu Unrecht verweigert wird, sind die in der betreffenden Versammlung gefassten Beschlüsse anfechtbar. Umgekehrt bleibt die zu Unrecht erfolgte Zulassung eines tatsächlich nicht teilnahmeberechtigten Vertreters oder Begleiters eines Gesellschafters grundsätzlich ohne Konsequenzen für die Wirksamkeit der gefassten Beschlüsse.

3. Fazit

Gesellschafter einer GmbH können sich grundsätzlich durch einen freigewählten Vertreter in der Gesellschafterversammlung vertreten lassen.

Gesellschafterversammlungen sollen der Willensbildung der Gesellschafter dienen, nicht der Profilierung ihrer Berater. Insbesondere in streitigen Situationen ist die Teilnahme eines fachkundigen Begleiters aber häufig durchaus sinnvoll und darf dem dies wünschenden Gesellschafter auch nicht ohne weiteres verwehrt werden.