Wirksamkeitskontrolle nachvertraglicher Wettbewerbsverbote

In einem aktuellen Urteil hat das OLG Hamm zu einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot zwischen einer GmbH und ihrem ausscheidenden Geschäftsführer insbesondere im Hinblick auf Untersagungen von Tätigkeiten ohne Bezug zum Unternehmen sowie rein kapitalistischen Beteiligungen Stellung genommen.

1. Sachverhalt

Die klagende GmbH ist auf dem Gebiet der Arbeitnehmerüberlassung tätig und hat mit sofortiger Wirkung ihren Geschäftsführer, den Beklagten, abberufen und seinen Dienstvertrag – unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 6 Monaten – gekündigt. Gleichzeitig wurde der Beklagte mit sofortiger Wirkung von seiner Tätigkeit bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses entbunden.

Zwischen der Klägerin und dem Beklagten war ein vertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart, worin es u.a. heißt:

„10.1 Dem Geschäftsführer ist es untersagt, für die Dauer von einem Jahr nach Beendigung dieses Vertrages, gleich aus welchem Grund, in selbstständiger, unselbstständiger oder sonstiger Weise für ein Unternehmen tätig zu werden, welches mit der Gesellschaft im direkten oder indirekten Wettbewerb steht oder mit einem Wettbewerbsunternehmen verbunden ist. In gleicher Weise ist dem Geschäftsführer untersagt, für die Dauer von einem Jahr nach Beendigung dieses Vertrages, gleich aus welchem Grund, ein solches Unternehmen zu errichten, zu erwerben oder sich hieran unmittelbar zu beteiligen oder vergleichbare Aktivitäten zu entfalten. …

10.5 Während der Dauer des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots enthält der Geschäftsführer eine Entschädigung, die für jedes Jahr des Verbots die Hälfte der von dem Geschäftsführer zuletzt bezogenen vertraglichen Vergütung beträgt (...).“

Die Klägerin zahlte für den ersten Monat nach Beendigung des Dienstverhältnisses die vereinbarte Karenzentschädigung. Wegen der weiteren Zahlungsverpflichtungen wurde die Klägerin in erster Instanz zur Zahlung der monatlichen Entschädigungsbeträge verurteilt, im Berufungsverfahren hat das OLG Hamm die Klage auf Zahlung der Karenzentschädigung mit Verweis auf die Nichtigkeit des Wettbewerbsverbots abgewiesen. Die Umgrenzung dessen, was dem Geschäftsführer während der Karenzzeit verboten ist, gehe in gegenständlicher Hinsicht deutlich über die berechtigten Interessen der GmbH hinaus, nämlich sich davor zu bewahren, dass der Geschäftsführer die in dem Unternehmen erlangten Kenntnisse und Verbindungen zu ihrem Schaden ausnutzt.

Nun beansprucht die Klägerin die Rückzahlung der Karenzentschädigung für den ersten Monat nach Beendigung des Dienstverhältnisses. Das Landgericht Dortmund hat die Klage abgewiesen, das OLG Hamm der Klage in der Berufung stattgegeben.

2. Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot

Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot findet seine rechtliche Grundlage in den §§ 74 ff. HGB und ist regelmäßig in arbeits- oder dienstvertraglichen Regelungen, insbesondere von leitenden Angestellten und Geschäftsführern zu finden.

Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot hält einer Wirksamkeitskontrolle nur stand, wenn es in zeitlicher, örtlicher und gegenständlicher Hinsicht auf das notwendige Maß beschränkt bleibt und eine Karenzentschädigungsabrede getroffen wird, nach welcher der Arbeitgeber verpflichtet ist, eine Mindestentschädigung in Höhe der Hälfte des letzten Verdienstes des Arbeitnehmers zu gewähren (§ 74 Abs. 2 HGB). Diese Entschädigungspflicht soll sicherstellen, dass der Arbeitnehmer einen finanziellen Ausgleich für die im Interesse des Arbeitgebers vereinbarte Wettbewerbsenthaltung erhält.

Mit Hinblick auf das zeitliche notwendige Maß hat der BGH nachvertragliche Wettbewerbsverbote für grundsätzlich unzulässig erklärt, soweit sie zeitlich auf eine Dauer von länger als zwei Jahren angelegt sind. Die Zweijahresgrenze für Wettbewerbsverbote von Handlungsgehilfen ist in § 74a Abs. 1 Satz 3 HGB gesetzlich verankert (hierzu näher Newsletter Beitrag 02/2015 „BGH zur Zulässigkeit und Umfang eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots“).

3. Entscheidung des OLG Hamm

Das OLG Hamm hat der Klage und einem Rückzahlungsanspruch der Karenzentschädigung aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB stattgegeben. Die Zahlung der Karenzentschädigung erfolgte ohne Rechtsgrund, da Ziffer 10.1 des Dienstvertrages und damit das vertraglich geregelte Wettbewerbsverbot nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig sei.

Nach Ziffer 10.1 S. 1 des Dienstvertrages durfte der Beklagte in keiner Weise für ein Wettbewerbsunternehmen tätig werden, da ihm ein Tätigwerden „gleich aus welchem Grund, in selbstständiger, unselbstständiger oder sonstiger Weise“ untersagt ist. Nach Ansicht des OLG Hamm ist dies zu weitgehend, da kein schutzwürdiges Interesse der Klägerin daran bestand, dass der Beklagte nicht für ein Wettbewerbsunternehmen in einer Weise tätig wird, das keinen Bezug zu dem Tätigkeitsbereich des Beklagten bei der Klägerin, seiner dort relevanten Fachkompetenz oder zu ihren Kunden aufweist. Ebenso war es dem Beklagten nach der vertraglichen Regelung untersagt, für ein Unternehmen tätig zu werden, das „mit einem Wettbewerbsunternehmen“ verbunden ist. Auch diese Beschränkung war in den Augen des OLG unangemessen. Die Klägerin sei nicht von einer illegitimen Ausnutzung der Kenntnisse, die der Beklagte bei ihr erworben hat, bedroht, wenn er bei einem nicht im Wettbewerb zu ihr stehenden Unternehmen tätig wird, das einem Konzern angehört, zu dem auch ein im Wettbewerb mit der Klägerin stehendes Zeitarbeitsunternehmen gehört. Ferner sei es zu weitgehend, dass dem Beklagten nach Ziffer 10.1 S. 2 des Dienstvertrages untersagt wurde, ein im Wettbewerb zur Klägerin stehendes Unternehmen „zu errichten, zu erwerben oder sich hieran unmittelbar oder mittelbar zu beteiligen“. Denn damit werde selbst eine rein kapitalistische Beteiligung an einem Wettbewerbsunternehmen erfasst, die ohne die Möglichkeit und Absicht einer unternehmerischen Einflussnahme eingegangen werden soll.

Eine geltungserhaltende Reduktion der Klausel hat das OLG mit Verweis auf den BGH (Urteil vom 08.05.2000 – BGH II ZR 308/98) wegen der Notwendigkeit der Sanktionierung der übermäßigen Beschränkung – anders als bei einem lediglich in zeitlicher Hinsicht überschießenden Verbot – verneint.

Diskutiert wurde noch die Frage, ob die Klägerin eine Kompensation – durch die Einhaltung des Wettbewerbsverbots durch den Beklagten – erlangt hätte und der Rückzahlungsanspruch daher entfiele. Das Unterlassen, also der Wettbewerbsverzicht, wird bei vertraglich vereinbartem, aber nichtigem Wettbewerbsverbot, seinerseits als Leistung, d. h. als zweckgerichtete und bewusste Vermögensmehrung verstanden. Der Wert der Gegenleistung in Form der Befolgung des Wettbewerbsverbots wäre mit dem Wert der Klageforderung zu saldieren. Für die tatsächliche Einhaltung des Wettbewerbsverbots trägt allerdings der Beklagte die Darlegungs- und Beweislast, welcher er nicht nachgekommen ist.

4. Fazit

Wettbewerbsverbote unterliegen engen zeitlichen, örtlichen und inhaltlichen Grenzen und sind immer wieder Gegenstand richterlicher Überprüfung. Die Nichtigkeit von Wettbewerbsverboten, die Kapitalbeteiligungen an Wettbewerbern verhindern sollen, ist eine weitere richterliche Klarstellung. Offen bleibt aber, ob ab einer gewissen Höhe der Kapitalbeteiligung die Möglichkeit einer unternehmerischen Einflussnahme angenommen werden darf, was dann wiederum für die Wirksamkeit der Verbotsklausel sprechen würde. Insofern ist bei der Ausgestaltung von Wettbewerbsverboten weiterhin Vorsicht geboten. Die Einhaltung des – wenn auch nichtigen – Wettbewerbsverbots kann der Arbeitnehmer/Geschäftsführer dem Anspruch auf Rückzahlung der erhaltenen Karenzentschädigung zwar entgegenhalten, allerdings trägt er hierfür die Darlegungs- und Beweislast.