Steuerliche Auswirkungen der Corona-Pandemie für die Transaktionspraxis

Im Zuge der Corona-Pandemie beschloss der Gesetzgeber eine Vielzahl von steuerlichen Änderungen. Darunter unter anderem steuerliche Regelungen zur Liquiditätsschonung, erhöhte degressive Abschreibungen sowie die befristete Senkung der Mehrwertsteuer. Einzelne gesetzgeberische Maßnahmen haben auch Auswirkungen für die steuerliche Transaktionspraxis.

1.  Verlängerung Rückwirkungszeitraum bei Umstrukturierungen

Bei Umwandlungsmaßnahmen wie Verschmelzung oder Spaltung ist der Anmeldung der Umwandlungsmaßnahme zur Eintragung ins Handelsregister eine Schlussbilanz des übertragenden Rechtsträgers beizufügen. Für diese Schlussbilanz gelten die allgemeinen Vorschriften über Aufstellung, Prüfung und Feststellung. Bislang dürfte der Stichtag der Bilanz nicht mehr als acht Monate vor der Anmeldung zur Eintragung im Handelsregister liegen (§ 17 Abs. 2 UmwG).

Bereits im März 2020 hatte der Gesetzgeber die Frist zur Aufstellung der Schlussbilanz für sämtliche Handelsregisteranmeldungen, die im Jahr 2020 erfolgen, um vier Monate auf nunmehr 12 Monate verlängert. Damit wollte der Gesetzesgeber sicherstellen, dass trotz fehlender bzw. eingeschränkter Versammlungsmöglichkeiten geplante Umstrukturierungsmaßnahmen nicht am Ablauf der Frist zur Aufstellung der Schlussbilanz scheitern bzw. die Aufstellung einer Zwischenbilanz erforderlich wird.

Die Fristverlängerung galt bislang jedoch nur eingeschränkt für steuerliche Zwecke. Während die verlängerte Frist im Umwandlungsgesetz über § 2 UmwStG steuerlich auch für Verschmelzungen und Spaltungen von Körperschaften gilt, sahen die §§ 9 und 20 UmwStG, d.h. für Formwechsel einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft (und umgekehrt) sowie auf Einbringungen, bislang weiterhin eigenständige Achtmonatsfristen vor. Nunmehr hat der Gesetzgeber einen vollständigen Gleichlauf der umwandlungsrechtlichen und umwandlungssteuerlichen Fristen hergestellt und auch die eigenständigen umwandlungssteuerlichen Fristen für das Jahr 2020 um jeweils vier Monate verlängert.

Die Änderungen haben zur Folge, dass bis 31.12.2020 sämtliche Umwandlungsmaßnahmen mit Übertragungsstichtag 31.12.2019 zum Handelsregister angemeldet werden können.

2.  Erleichterung beim steuerlichen Verlustrücktrag

Mit dem zweiten Corona-Steuerhilfegesetz wurde ein erleichterter steuerlicher Verlustrücktrag für die Jahre 2020 und 2021 eingeführt. Der Verlustrücktrag für Verluste der Veranlagungsjahre 2020 und 2021 erhöht sich von EUR 1,00 Mio. auf EUR 5,00 Mio. (bzw. 10 Mio. Euro bei Zusammenveranlagung). Die erweiterte Möglichkeit des Verlustrücktrag kann dabei helfen, bei schädlichen Beteiligungserwerben den Untergang von Verlustvorträgen (§ 8c KStG) zu verhindern bzw. abzumildern.

Zugleich wurde die Möglichkeit geschaffen, den erhöhten Verlustrücktrag für Verluste aus dem Jahr 2020 bereits unmittelbar finanzwirksam schon mit der Steuererklärung 2019 nutzbar zu machen. So wird auf Antrag ein vorläufiger Verlustrücktrag für 2020 bereits für den Veranlagungszeitraum 2019 vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen. Der vorläufige Verlustrücktrag für 2020 beläuft sich pauschal auf 30 % des Gesamtbetrags der Einkünfte des Veranlagungszeitraums 2019. Sofern anhand detaillierter Unterlagen (bspw. betriebswirtschaftlicher Auswertungen) nachgewiesen werden kann, dass der Verlust im Veranlagungszeitraum 2020 höher ist, kann auch eine Herabsetzung um mehr als 30 % des Gesamtbetrags der Einkünfte des Veranlagungszeitraums 2019 beantragt werden.

3.  Erhöhung des Freibetrags für die gewerbesteuerliche Hinzurechnung

Für Zwecke der Gewerbesteuer werden dem Gewinn bestimmte Entgelte (wie etwa Zinsen, Mietzahlungen, Lizenzzahlungen) anteilig hinzugerechnet (sog. gewerbesteuerliche Hinzurechnung). Bislang erfolgte die Hinzurechnung, soweit diese Entgelte den Betrag von EUR 100.000 übersteigen. Als weitere Maßnahme zur Liquiditätssteigerung wird diese Freigrenze ab dem Veranlagungszeitraum 2020 auf EUR 200.000 angehoben.

4.  Verlängerung Meldefristen für grenzüberschreitende Steuergestaltungen

Zum 1.1.2020 trat das Gesetz zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen in Kraft. Das Gesetz setzt eine EU-Richtlinie (2018/882/EU - Directive on Administrative Cooperation, „DAC 6“) in nationales Recht um. Nach dem Gesetz müssen vorranging sog. Intermediäre (bspw. Rechtsanwälte, Steuerberater, Banken, sonstige Berater), die grenzüberschreitende Steuergestaltungen vermarkten, für Dritte konzipieren bzw. zur Nutzung bereitstellen oder ihre Umsetzung durch Dritte verwalten, dem Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) innerhalb fristgebunden bestimmte grenzüberschreitende Steuergestaltungen mitteilen. Eine entsprechende Mitteilungspflicht betrifft auch die Nutzer von mitteilungspflichtigen grenzüberschreitenden Gestaltungen (§§ 138d-138k AO). Dabei gelten folgende Fristen:

  • „Altfälle“, d.h. mitteilungspflichtigen Gestaltungen, bei denen der erste Umsetzungsschritt nach dem 24.6.2018 (!) und vor dem 1.7.2020 umgesetzt wurde, müssen bis zum 31.8.2020 dem BZSt mitgeteilt werden.
  • Mitteilungspflichtigen Gestaltungen, bei denen das erste die Mitteilungspflicht auslösende Ereignis nach dem 1.7.2020 eintritt („Neufälle“), müssen innerhalb von 30 Tagen mitgeteilt werden.

Die EU-Kommission hat vorgeschlagen, die Fristen für die Pflichten zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen aufgrund der Corona-Krise um drei Monate zu verschieben:

  • Die Mitteilungspflicht für „Altfälle“ soll auf den 30.11.2020 verschoben werden.
  • Der Beginn der 30-Tagesfrist für die Anzeige von Neufällen, deren Umsetzung nach dem 1.7.2020 beginnt, soll um drei Monate auf den 1.10.2020 verschoben werden.

Momentan ist noch ungewiss, ob die Änderungen rechtzeitig vor dem Stichtag (1.7.2020) umgesetzt werden. Sofern die Fristverlängerung kommt, sollte die Zeit genutzt werden, grenzüberschreitende Gestaltungen, insbesondere die sog. „Altfälle“, auf eine etwaige Meldepflicht hin zu überprüfen.