Update Transparenzregister – Aktuelle Entwicklungen aus der Praxis im Jahr 2020

Mit Inkrafttreten des Geldwäschegesetzes (GwG) im Jahr 2017 wurde in Deutschland erstmals ein elektronisch geführtes Transparenzregister eingeführt. Das Bundesverwaltungsamt („BVA“) veröffentlicht als zuständige Behörde „Fragen und Antworten zum Transparenzregister/GWG“ („FAQ“), die als Auslegungshinweise, die für die Praxis von erheblicher Bedeutung sind. Im Jahr 2020 hat das BVA seine FAQ mehrfach aktualisiert. Gegenstand der jüngsten Aktualisierung der FAQ waren wesentliche Neuerungen zur Bestimmung des wirtschaftlich Berechtigten in ein- oder mehrstufigen Beteiligungsstrukturen (sog. Gruppenstrukturen). Eine sorgfältige Beobachtung der Verwaltungspraxis des BVA ist insbesondere zur Vermeidung von empfindlichen Bußgeldern unabdingbar. Dies gilt umso mehr als seit dem Jahr 2020 sämtliche bestandskräftigen und unanfechtbaren Bußgeldentscheidungen wegen Verletzung von Mitteilungspflichten zum Transparenzregister auf der Homepage des BVA veröffentlicht werden.

I. Hintergrund

Mit Inkrafttreten des Geldwäschegesetzes (GwG) am 26. Juni 2017 wurde in Deutschland erstmals ein elektronisch geführtes Transparenzregister eingeführt (vgl. zur Einführung des Transparenzregisters: GLNS Newsletter – Ausgabe 2/2017. Am 1. Januar 2020 sind mit dem „Gesetz zur Umsetzung der Fünften EU-Geldwäscherichtlinie“ verschiedene Neuerungen des GwG in Kraft getreten (vgl. hierzu: GLNS Newsletter – Ausgabe 3/2019).

Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die Entwicklungen zum Transparenzregister aus der Praxis im Jahr 2020:

II. Bedeutung der FAQ des Bundesverwaltungsamts und deren Aktualisierungen

Das Bundesverwaltungsamt (nachfolgend auch „BVA“) veröffentlicht als zuständige Behörde auf seiner Homepage „Fragen und Antworten zum Transparenzregister/GWG“ - „FAQ“. Hierbei handelt es sich um Auslegungshinweise, die für die Praxis von erheblicher Bedeutung sind. Das BVA hat seine FAQ seit Einführung des Transparenzregisters stetig aktualisiert, zuletzt im August 2020.
Insbesondere zur Vermeidung von empfindlichen Bußgeldern ist eine sorgfältige Beobachtung der Verwaltungspraxis des Bundesverwaltungsamts unabdingbar.

III. Neuerungen bei der Bestimmung des wirtschaftlich Berechtigten

Mit den aktualisierten FAQ hat das BVA wesentliche Neuerungen zur Bestimmung des wirtschaftlich Berechtigten in ein- oder mehrstufigen Beteiligungsstrukturen (sog. Gruppenstrukturen) vorgenommen.
Wirtschaftlich Berechtigter bei mitteilungspflichtigen Vereinigungen ist gem. § 3 Abs. 2 GwG jede natürliche Person, die unmittelbar oder mittelbar mehr als 25 % des Kapitals oder der Stimmrechte hält oder auf eine vergleichbare Weise die Kontrolle ausübt.

1. Wirtschaftliche Berechtigte aufgrund Veto-/Widerspruchsrechts

Die meisten eingeführten Änderungen betreffen Veto- und Widerspruchsrechte in den unterschiedlichsten Konstellationen.

a) Unmittelbar wirtschaftlich Berechtigter aufgrund Vetorechts

Bereits vor der jüngsten Änderung der FAQ galt eine Person aufgrund „Kontrolle auf ver-gleichbare Weise“ als wirtschaftlich Berechtigter iSd. § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 GwG, wenn diese natürliche Person aufgrund eines Widerspruch-/Vetorechts die unmittelbare oder mittelbare Kontrolle über Entscheidungen der Mitglieder-, Haupt- oder Gesellschafterversamlung, ausüben konnte. Das BVA hat nunmehr klargestellt, dass dies sowohl bei expliziten Vetorechten gilt, als auch dann, wenn gesetzlich oder gesellschaftsvertraglich die Mitwirkung eines Gesellschafters an der Beschlussfassung erforderlich ist. Dies bedeutet, dass selbst im Falle einer Minderheitsbeteiligung entsprechende gesellschaftsvertragliche Regelungen bereits eine Stellung als wirtschaftlich Berechtigter zur Folge haben können. Keine wirtschaftliche Berechtigung der jeweiligen Gesellschafter besteht jedoch in den Fällen, in denen zwei oder mehr Gesellschafter zusammenwirken müssten, um eine Entscheidung der Gesellschaft zu verhindern.

b) Mittelbar wirtschaftlich Berechtigter aufgrund Vetorechts

Laut FAQ des BVA wird für die Beurteilung des (mittelbar) wirtschaftlich Berechtigten bei Gruppenstrukturen zunächst jede einzelne Gesellschaft isoliert betrachtet. Dabei sind jedoch auch die jeweiligen Beteiligungsverhältnisse an diesen Gesellschaften zu berücksichtigen, da hieraus ggf. mittelbar wirtschaftlich Berechtigte folgen können.
Mittelbare Kontrolle im Sinne des § 3 Abs. 2 S. 2 GWG liegt insbesondere vor, wenn eine natürliche Person beherrschenden Einfluss auf eine „Muttervereinigung“ ausüben kann, die wiederrum an einer mitteilungspflichtigen Vereinigung Kapitalanteile oder Stimmrechte von über 25 % hält oder auf sonstige Weise Kontrolle ausübt. Für eine solche mittelbare Kontrolle einer an der Spitze der Beteiligungskette stehenden natürlichen Person war bislang erforderlich, dass die natürliche Person einen beherrschenden Einfluss (§ 290 HGB) auf die Ober- und Zwischengesellschaften in der Beteiligungskette ausüben kann. Ausschlaggebend hierfür war alleine eine Anteils- oder Stimmrechtsmehrheit der betreffenden natürlichen Person. Das BVA stellt nunmehr in den FAQ klar, dass bereits Widerspruchs-/Vetorechte gegen Entscheidungen der Gesellschafterversammlung bei der Muttervereinigung oder diesen gleichgestellte Verhinderungsrechte (z.B. das Erreichen einer Sperrminorität) zu einem beherrschenden Einfluss führen können. Bereits ein bloßes Widerspruchs-/Vetorecht kann daher zu einer Stellung als mittelbar wirtschaftlich Berechtigter führen.

2. Mittelbar wirtschaftlich Berechtigte aufgrund einer einem Vetorecht gleich gestellten Konstellation

Die nachfolgend dargestellten Konstellationen sind einem Veto- und Widerspruchsrecht nach der Rechtsauffassung des BVA (FAQ Stand 19. August 2020) gleichgestellt und können daher zu einer mittelbaren wirtschaftlichen Berechtigung führen:

a) Gleiche Stimmrechte zur Qualifikation als wirtschaftlich Berechtigter ausreichend

Bisher war für den beherrschenden Einfluss auf die Muttervereinigung erforderlich, dass eine der beiden natürlichen Personen mehr als 50 % der Stimmrechts- oder Kapitalanteile innehat. In der nachfolgend dargestellten Situation hätten somit weder die natürliche Person A noch die natürliche Person B beherrschenden Einfluss auf Ebene der Muttergesellschaft.

Nach der nunmehr geltenden Rechtauffassung des BVA sind sowohl die natürliche Person A als auch die natürliche Person B mittelbar wirtschaftlich Berechtigte der GmbH. Der beherrschende Einfluss resultiert aus dem Umstand, dass ohne die natürliche Person A und die natürliche Person B kein Mehrheitsbeschluss bei der Muttergesellschaft möglich ist, da jede natürliche Person einen entsprechenden Beschluss blockieren kann.

b) Erreichen der Sperrminorität kann zu wirtschaftlicher Berechtigung führen

Auch eine bloße Sperrminorität hinsichtlich grundlegender Beschlüsse der Gesellschafterversammlung (in AG und GmbH regelmäßig > 25 % bei Satzungsänderungen, Kapitalherabsetzungen) bei der Muttergesellschaft führt nach Auffassung des BVA zu einem beherrschenden Einfluss und somit zu einer mittelbaren wirtschaftlichen Berechtigung bei der Tochtergesellschaft.

c) Einstimmigkeitserfordernis kann zu wirtschaftlicher Berechtigung führen

In dem nachfolgend dargestellten Schaubild fordert der Gesellschaftsvertrag der AG als Muttervereinigung gemäß ihrer Satzung Einstimmigkeit für Gesellschafterbeschlüsse. Das BVA hat in den FAQ ausdrücklich erklärt, dass in einer solchen Konstellation selbst die natürliche Person C mit lediglich 1 % Stimmrechtsanteil mittelbar wirtschaftlich Berechtigter der GmbH ist, da ohne die Zustimmung von C in der AG kein Beschluss zustande kommt.

3. Anwendbarkeit auf Personengesellschaften derzeit unklar

Das BVA hat bislang nicht ausdrücklich dazu Stellung genommen, ob eine mittelbare oder unmittelbare Kontrolle aufgrund der vorgenannten Konstellationen (siehe vorstehend Ziffer 1. und Ziffer 2.) auch bei Gruppenstrukturen, deren Muttergesellschaft eine Personengesellschaft ist, in Betracht kommt. Die in den FAQ aufgeführten Beispiele samt Schaubildern betreffen sämtlich lediglich Kapitalgesellschaften. Nach der Grundkonzeption des Gesetzes sind bei Personengesellschaften Beschlüsse grundsätzlich einstimmig zu fassen, soweit nicht der Gesellschaftsvertrag eine Mehrheitsentscheidung vorsieht. Vor diesem Hintergrund dürfte es nicht im Sinne des Gesetzgebers gewesen sein, bei Gruppenstrukturen, deren Muttergesellschaft eine Personenhandelsgesellschaft ist, sämtliche Gesellschafter der Muttergesellschaft als wirtschaftlich Berechtigte der Tochtergesellschaft zu erfassen. Es ist insoweit auf eine Klarstellung durch das BVA in den nächsten aktualisierten FAQ zu hoffen.

IV. Nichtberücksichtigung eigener Anteile einer Gesellschaft bei Bestimmung des wirt-schaftlich Berechtigten

Unklar war bislang die Behandlung von der Gesellschaft gehaltener eigener Anteile bei der Ermittlung des wirtschaftlich Berechtigten. Das BVA hat auch hierzu erstmals ausdrücklich Stellung bezogen: Zur Ermittlung des/der wirtschaftlich Berechtigten müssen die von einer Gesellschaft selbst gehaltenen Kapitalanteile herausgerechnet werden. Bei der Berechnung der Kapitalanteile bzw. des wirtschaftlichen Interesses ist nur das fremdgehaltene Kapital zu-grunde zu legen.

V. Vorgesellschaften bzw. in Gründung befindliche Gesellschaften sind unter bestimmten Voraussetzungen zur Mitteilung verpflichtet

Das BVA hat weiterhin klargestellt, dass nach seiner Rechtsauffassung unter bestimmten Voraussetzungen auch Vorgesellschaften, d.h. Gesellschaften im Stadium nach Beurkundung des Gesellschaftsvertrags jedoch vor Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister, einer Pflicht zur Mitteilung an das Transparenzregister unterliegen. Dies gilt für aktive Vorgesellschaften. Diese Mitteilungspflicht ist nur dann entbehrlich, wenn innerhalb von drei Monaten nach Abschluss des Gesellschaftsvertrags eine Anmeldung zum Handelsregister erfolgt und daraufhin die Mitteilungsfiktion des § 20 Abs. 2 S. 1 GwG Anwendung findet.
Diese Rechtsauffassung des BVA ist in der rechtswissenschaftlichen Literatur und in Stellungnahmen verschiedener Praktiker teilweise kritisiert worden. Zur Vermeidung von Bußgeldern aufgrund der Verletzung von Mitteilungspflicht ist jedoch zwingend der Rechtsauffassung des BVA zu folgen und daher auch bei Vorgesellschaften eine Meldung zum Transparenzregister vorzunehmen, sofern nicht aufgrund der unmittelbar bevorstehenden Handelsregisteranmeldung der Gesellschaft die Mitteilungsfiktion des § 20 Abs. 2 S. 1 GwG greift.

VI. Erste Entscheidung zur leichtfertigen Nichtmeldung an das Transparenzregister

Mit dem Beschluss des OLG Köln vom 3. Juli 2020, Az. 1 RBs 171/20, hat sich erstmals ein Gericht mit der Frage befasst, unter welchen Voraussetzungen eine bußgeldbewehrte leichtfertige Nichtmeldung an das Transparenzregister anzunehmen ist.
Grundsätzlich führt nicht jeder Verstoß gegen die Mitteilungspflichten nach dem GWG zu einem Bußgeld. Voraussetzung für die Auferlegung eines Bußgeldes ist, dass die Mitteilungspflichten zum Transparenzregister vorsätzlich oder leichtfertig verletzt wurden. Kernpunkt bei einem Verstoß gegen die Meldepflicht ist daher das subjektive Element in Gestalt von Vorsatz oder Leichtfertigkeit des Mitteilungspflichtigen. Leichtfertigkeit ist eine gesteigerte grobe Fahrlässigkeit. Der leichtfertig Handelnde muss besonders sorgfaltswidrig handeln, d. h. die gebotene Sorgfaltspflicht in ungewöhnlich großem Maße verletzen.
In dem vom OLG Köln entschiedenem Fall hatte eine GmbH die erforderliche Mitteilung an das Transparenzregister versäumt. Erst nachdem die Gesellschaft ein Anhörungsschreiben des BVA erhalten hatte, holte die Gesellschaft die erforderliche Mitteilung nach. Das BVA verhängte daraufhin gegen die GmbH ein Bußgeld wegen leichtfertiger Verletzung ihrer Mitteilungspflichten gegenüber dem Transparenzregister. Der Geschäftsführer der GmbH brachte hiergegen vor, ihm sei die Meldepflicht erst durch das Anhörungsschreiben des BVA bekannt geworden. Sodann habe er sofort gehandelt. Zuvor habe es von der zuständigen IHK lediglich eine Pressemitteilung über die Einführung des Transparenzregisters gegeben, die er nicht wahrgenommen habe, weil er im fraglichen Zeitraum mit der Umsetzung der EU-Datenschutzgrundverordnung beschäftigt gewesen sei.
Das OLG führt aus, dass ein leichtfertiges Unterlassen im Wesentlichen in zwei Konstellationen in Betracht kommt: (i) Zum einen, wenn der Geschäftsführer vor „einer ihm angebotenen, ihm gleichsam aufgedrängten Information aus Gleichgültigkeit oder Desinteresse die Augen verschließt“; (ii) zum anderen, wenn der Geschäftsführer seinen „Erkundigungspflichten“ nicht nachkomme. Jeden, der eine spezielle berufliche oder sonstige Tätigkeit ausübt, treffe die Pflicht, sich über die einschlägigen, den entsprechenden Tätigkeitsbereich betreffenden Vorschriften auf dem Laufenden zu halten. Das OLG Köln macht in diesem Zusammenhang jedoch deutlich, dass es von den Umständen des jeweiligen Einzelfalles abhänge, welche Anforderungen an die „Erkundigungspflichten“ zu stellen sind. Im Ergebnis hat das OLG Köln den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an die erste Instanz zurückverwiesen: Das Gericht erster Instanz hat nunmehr Feststellungen zu den „im Betrieb der betroffenen GmbH eingerichteten Vorkehrungen zur Erfüllung der genannten Informationspflichten“ zu treffen, um anschließend beurteilen zu können, ob Leichtfertigkeit gegeben ist.
Für die Praxis ist zu beachten: Für den bereits erfolgten Verstoß kann die nachträgliche Meldung das Bußgeld wegen einer leichtfertigen Nichtmeldung nicht vollständig abwenden, auch wenn das BVA bei der Nachholung von Mitteilungen kulant im Zuge der Bußgeldzumessung ist. Geschäftsführer müssen insbesondere organisatorische Vorkehrungen treffen, um den bestehenden Erkundigungspflichten nachkommen zu können.

VII. „Naming and shaming“: Erste Bußgeld-Welle wegen fehlender Eintragungen im Jahr 2020, Anzahl der veröffentlichten rechtskräftigen Bußgeldentscheidungen auf der Homepage des BVA nimmt zu

Seit der Neufassung des GWG zum 1. Januar 2020 werden bestandskräftigen und unanfechtbaren Bußgeldentscheidungen über 200,00 Euro wegen Verletzung von Mitteilungspflichten zum Transparenzregister nach § 56 Abs. 1 S. 1 Nr. 54 bis 66 GwG auf der Homepage des Bundesverwaltungsamt veröffentlicht. Das BVA veröffentlicht den Namen/Firma der mitteilungspflichtigen Vereinigung, das Datum der Bußgeldentscheidung sowie den konkret erfüllten Ordnungswidrigkeitentat-bestand (vorsätzliche oder leichtfertige (wiederholte) Nicht-Mitteilung der/des wirtschaftlich Berechtigten an das Transparenzregister). Die vorherige Zurückhaltung, die dem BVA seit Einführung des Transparenzregisters zugeschrieben wurde, ist vorbei: Seit Jahresbeginn sind bereits 86 Bußgeldentscheidungen auf der Homepage des BVA veröffentlicht worden. Die Bußgeldentscheidungen des BVA nehmen kontinuierlich zu.