Frauenquote im Vorstand - Der Gesetzentwurf für ein zweites Führungspositionengesetz (FüPoG II)

Das Bundeskabinett hat am 6. Januar 2021 den Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung und Änderung der Regelungen für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst (Zweites Führungspositionengesetz – FüPoG II) beschlossen.

Ziel des FüPoG II ist es, das erste Führungspositionengesetz aus dem Jahr 2015 (FüPoG) weiterzuentwickeln und zu stärken. Durch das FüPoG sollte der Anteil von Frauen in Führungspositionen im privaten wie im öffentlichen Sektor erhöht werden, um so die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern in diesen Bereichen zu fördern. Zu diesem Zweck wurden mit dem FüPoG unter anderem eine fixe Quote von jeweils mindestens 30 % Frauen und Männern für die Aufsichtsräte börsennotierter und zugleich paritätisch mitbestimmter Unternehmen sowie eine flexible Quote (Zielgröße) für Aufsichtsräte, Vorstände und die obersten beiden Führungsebenen solcher Unternehmen eingeführt, die entweder börsennotiert oder mitbestimmt sind. Mit den Regelungen des FüPoG II soll nun das FüPoG in seiner Wirksamkeit verbessert und fortentwickelt werden. Ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs zum FüPoG II müsse sich die Bereitschaft von Unternehmen, für ihre Leitungsorgane auch Frauen zu gewinnen und damit die Teilhabe von Frauen an Führungspositionen in börsennotierten und mitbestimmten Unternehmen weiter zu stärken, noch „spürbar erhöhen“. Vor diesem Hintergrund sieht das FüPoG II einen Katalog von Maßnahmen insbesondere für börsennotierte Aktiengesellschaften und SEs vor:

I. Mindestbeteiligung von Frauen im Vorstand

Der Entwurf des FüPoG II sieht erstmals eine Mindestbeteiligung von Frauen und Männern in Vorständen börsennotierter Gesellschaften vor. Besteht der Vorstand eines börsennotierten und zugleich paritätisch mitbestimmten Unternehmens aus mehr als drei Mitgliedern, so muss er zukünftig mit mindestens einer Frau und mindestens einem Mann besetzt sein (Mindestbeteiligungsgebot). Die paritätische Mitbestimmung im Aufsichtsrat betrifft namentlich Unternehmen mit in der Regel mehr als 2.000 Arbeitnehmern. Die bereits im Rahmen des FüPoG eingeführte Quotenregelung für Aufsichtsräte solcher Unternehmen, mithin die fixe Quote von jeweils mindestens 30 % Frauen und Männern im Aufsichtsrat, bleibt unverändert bestehen.

Die Bestellung eines Vorstandsmitglieds unter Verstoß gegen das Mindestbeteiligungsgebot ist nichtig. Bestehende Mandate können zwar bis zu ihrem vorgesehenen Ende wahrgenommen werden, allerdings gilt die Mindestbeteiligung von Frauen und Männern in Zukunft spätestens ab einer Neubesetzung im Vorstand.

II. Besondere Begründungspflicht für die Zielgröße Null

Soweit eine Gesellschaft schon nach bisheriger Gesetzeslage, namentlich nach den Regelungen des FüPoG aus dem Jahr 2015, verpflichtet war, sich bestimmte Zielgrößen für den Frauenanteil in Aufsichtsrat, Vorstand und den beiden obersten Führungsebenen zu geben (flexible Quote), wird sie nun einer besonderen Begründungspflicht unterworfen, wenn die jeweilige Zielgröße Null ist. Die flexible Quote betrifft Gesellschaften, die entweder börsennotiert sind oder der Mitbestimmung unterliegen; letzteres betrifft namentlich Unternehmen mit in der Regel mehr als 500 bzw. 2.000 Arbeitnehmern. Wird für das betreffende Gremium oder die erste oder zweite Führungsebene die Zielgröße Null festgelegt, muss der jeweilige Beschluss klar und verständlich begründet werden. Die Begründung muss dabei ausführlich die Erwägungen darlegen, die der Entscheidung zugrunde liegen. Der faktische Druck auf die betreffenden Unternehmen, für eine entsprechend höhere Zielgröße im Aufsichtsrat, im Vorstand und den beiden Führungsebenen unterhalb des Vorstands zu sorgen, dürfte damit merklich zunehmen.

III. Erläuterungen in der Erklärung zur Unternehmensführung

Die Einhaltung der neuen Regelungen ist in Zukunft in der (Konzern-)Erklärung zur Unternehmensführung zu erläutern, die einen Bestandteil des (Konzern-)Lageberichts bildet. Soweit die neue Mindestbeteiligung im Vorstand – und auch die bereits bisher geltende fixe Geschlechterquote im Aufsichtsrat – betroffen ist, ist in der jährlichen Erklärung zur Unternehmensführung anzugeben, ob die Gesellschaft während des abgelaufenen Geschäftsjahres die Mindestbeteiligung im Vorstand und die fixe Geschlechterquote im Aufsichtsrat eingehalten hat und, wenn nicht, warum nicht.

Soweit eine Gesellschaft der flexiblen Quote im Aufsichtsrat, im Vorstand und auf den beiden Führungsebenen unterhalb des Vorstands unterliegt, sind in der Erklärung zur Unternehmensführung jeweils die festgelegte Zielgröße für den Frauenanteil und die festgelegten Fristen für deren Erreichung anzugeben sowie, ob die festgelegten Zielgrößen während des abgelaufenen Geschäftsjahres erreicht worden sind, und, wenn nicht, warum nicht; wurde für ein Gremium oder für die erste oder zweite Führungsebene unterhalb des Vorstands die Zielgröße Null festgelegt, hat die Begründung – einschließlich der erforderlichen „ausführlichen Darlegung der Erwägungen, die der Entscheidung zugrunde liegen“, in diesem Zusammenhang in der Erklärung zur Unternehmensführung erfolgen.

IV. Signalwirkung des Mindestbeteiligungsgebots

Die Begründung des Gesetzentwurfs geht davon aus, dass etwa 70 Unternehmen in Deutschland vom Mindestbeteiligungsgebot und der korrespondierenden Berichtspflicht betroffen sein werden. Allerdings lasse sich, so die Begründung, von dem Mindestbeteiligungsgebot auch eine Signalwirkung für die Zielgrößensetzung in anderen Unternehmen, die nur der flexiblen Quote unterfallen, erwarten, insbesondere hinsichtlich der Zielgröße Null. Mehr Frauen in den Vorstandsetagen würden mehr Frauen auf allen Führungsebenen der Unternehmen nach sich ziehen. Denn die Unternehmen müssten zwangsläufig mehr für die Frauenförderung tun, um einen nachhaltigen Pool an potentiellen Führungskräften zu entwickeln.

V. Inkrafttreten und Handlungsbedarf – Vorbereitung anstehender Personalfragen

Das Mindestbeteiligungsgebot wird aller Voraussicht nach bei der Neubestellung von Vorstandsmitgliedern ab dem 1. Januar 2022 zu beachten sein. Zwar können bestehende Mandate bis zu ihrem vorgesehenen Ende wahrgenommen werden, allerdings sollten betroffene Unternehmen die anstehenden Neuregelungen schon jetzt bei ihrer Personalplanung für den Vorstand berücksichtigen; in diesem Zusammenhang sei auch auf die Empfehlung in B.2 des DCGK 2020 verwiesen, wonach der Aufsichtsrat gemeinsam mit dem Vorstand für eine langfristige Nachfolgeplanung sorgen soll und die Vorgehensweise in der Erklärung zur Unternehmensführung beschrieben werden soll.

Auch die verschärfte Begründungspflicht für die Festlegung der Zielgröße Null sollten Unternehmen mit flexibler Quote bereits jetzt berücksichtigen. Die Begründungspflicht gilt für die Erklärung zur Unternehmensführung in den (Konzern-)Lageberichten für nach dem 31. Dezember 2020 beginnende Geschäftsjahre. Schon jetzt sollten sich also die betroffenen Unternehmen der kommenden verschärften Begründungspflicht bewusst sein, wenn sie für den Frauenanteil im Aufsichtsrat, im Vorstand oder auf den beiden ersten Führungsebenen die Zielgröße Null festlegen. Zumindest eine entsprechende faktische Reaktion der Unternehmenspraxis auf die neuen Regelungen dürfte daher nicht allzu lange auf sich warten lassen.