Steuerliche Privilegierung von Mitarbeiterbeteiligungen nach dem Referentenentwurf des Zukunftsfinanzierungsgesetzes
Das Bundesministerium der Finanzen und das Bundesministerium der Justiz haben am 12. April 2023 einen gemeinsamen Referentenentwurf eines Gesetzes zur Finanzierung von zukunftssichernden Investitionen (Zukunftsfinanzierungsgesetz – ZuFiG) veröffentlicht (Link zum Referentenentwurf). Zweck des ZuFiG ist die Förderung von Investitionen in Digitalisierung und Klimaschutz in Deutschland. Durch Maßnahmen und Regelungen im Kapitalmarkt- und Aktienrecht soll für KMUs der Zugang zum Kapitalmarkt und die Aufnahme von Eigenkapital erleichtert werden (näher hierzu Dr. Bernd Graßl in diesem Newsletter). Außerdem sollen verbesserte steuerliche Rahmenbedingungen für Mitarbeiterbeteiligungen jungen Unternehmen erleichtern, Mitarbeiter zu gewinnen und sich im internationalen Wettbewerb um Talente zu behaupten. Hauptansatzpunkt hierfür sind Anpassungen des im Jahr 2021 neu eingeführten § 19a EStG. Die Vorschrift, die bislang in der Praxis eher ein Schattendasein geführt hat, sollte die sog. Dry Income-Problematik (d.h. Lohnbesteuerung des geldwerten Vorteils aus der Gewährung der Beteiligung ohne entsprechenden Liquiditätszufluss beim Mitarbeiter) beheben. Der nachfolgende Beitrag stellt die geplanten Anpassungen vor.
Die bisherige Regelung in § 19a EStG hat sich in der Praxis vielfach als zu eng und starr erwiesen. Mit den nun vorgeschlagenen Änderungen sollen auf Anregung aus der Praxis die steuerlichen Vorschriften zur aufgeschobenen Besteuerung der geldwerten Vorteile aus Vermögensbeteiligung von Arbeitnehmern ausgeweitet und damit insbesondere die Gewährung von Unternehmensanteilen als Vergütungsbestandteil Beschäftigte attraktiver ausgestaltet werden.
1. Erweiterung des Anwendungsbereichs von § 19a EStG
Die Anwendung von § 19a EStG setzt voraus, dass die Beteiligung durch ein kleines oder mittleres Unternehmen (KMU) gewährt wird. Die relevanten Schwellenwerte für die Qualifizierung als KMU sollen durch das ZuFiG verdoppelt werden, damit auch größere und wachstumsstarke Unternehmen in den Anwendungsbereich fallen:
- Bis zu 500 Mitarbeiter (bisher: 250)
- Jahresumsatz bis zu 100 Mio. Euro (bisher: 50 Mio. Euro)
- Jahresbilanzsumme bis zu 86 Mio. Euro (bisher: 43 Mio. Euro)
Es soll zukünftig genügen, wenn diese Schwellenwerte in einem der letzten sieben Jahre (bisher: zwei Jahren) vor Übertragung der Anteile an den Mitarbeiter eingehalten wurden. Der Zeitpunkt der Gründung des Unternehmens darf nach dem ZuFiG maximal 20 Jahre (bisher: zwölf Jahre) zurückliegen.
Die Anteile müssen zukünftig außerdem nicht mehr direkt von dem Unternehmen gewährt werden, mit dem das Arbeitsverhältnis besteht, sondern können auch von verbundenen Unternehmen im Sinne von § 18 AktG gewährt werden. Dies ermöglicht insbesondere die Übertragung von Anteilen an Mutter-, Tochter- oder Schwesterunternehmen. Ebenfalls möglich sein soll zukünftig die Übertragung von Anteilen durch (Gründungs-) Gesellschafter.
2. Entschärfung der Nachversteuerungsfälle
Die bisherigen Regelungen in § 19a EStG zur Vermeidung von sog. Dry Income wurden in der Praxis als unzureichend empfunden. Als problematisch erwies sich insbesondere das „Damoklesschwert“ der Besteuerung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem bisherigen Arbeitgeber. Das ZuFiG sieht insofern folgende Änderungen vor:
a) Verlängerung des Besteuerungsaufschubs
Die sog. Long-Stop-Besteuerung, d.h. die Nachholung der Besteuerung, wenn bis dahin kein anderer Besteuerungstatbestand realisiert worden ist, soll zukünftig erst nach 20 Jahren (bisher: 12 Jahren) eingreifen. Diese Verlängerung des Besteuerungsaufschubs soll auch für Beteiligungen gelten, die unter dem bisherigen Regime gewährt worden sind.
b) Weiterer Besteuerungsaufschub bei Haftungsübernahme durch den Arbeitgeber
Erklärt der Arbeitgeber gegenüber den Finanzbehörden unwiderruflich, für die vom Arbeitnehmer auf den geldwerten Vorteil für die Gewährung der Mitarbeiterbeteiligung zu entrichtende Steuer zu haften, bewirkt dies zukünftig einen zeitlich unbegrenzten Besteuerungsaufschub, ggf. bis zu einem Exit. Weder die ansonsten geltende Long-Stop-Besteuerung nach 20 Jahren noch die Besteuerung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses kommen dann zur Anwendung. Die entsprechende Erklärung hat der Arbeitgeber gegenüber den Finanzbehörden spätestens im Rahmen der Lohnsteueranmeldung abzugeben, die auf den Ablauf der 20 Jahres-Frist oder auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses folgt.
c) Leaver-Fälle
Bei Ausscheiden eines Arbeitnehmers kommt es häufig zu einer Rückübertragung der Anteile, die als Mitarbeiterbeteiligung gewährt worden waren, und nicht selten erhält der Arbeitnehmer dafür eine Vergütung, die unter dem Betrag des geldwerten Vorteils im Zeitpunkt der Anteilsgewährung liegt. Zur Vermeidung einer überschießenden Besteuerung auf Basis einer ggf. höheren Bewertung bei Einräumung der Beteiligung soll der zu versteuernde geldwerte Vorteil zukünftig auf den Betrag der im Rahmen der Rückübertragung gezahlten Vergütung (ggf. abzüglich vom Arbeitnehmer bei Erwerb gezahlter Zuzahlungen) gedeckelt werden.
3. Möglichkeit der Pauschalversteuerung mit einem Steuersatz von 25 %
Nach geltender Rechtslage ist der geldwerte Vorteil aus der Gewährung der Mitarbeiterbeteiligung mit dem persönlichen Steuersatz zu versteuern. Zukünftig soll es die Möglichkeit geben, dass der Arbeitgeber die Lohnsteuer pauschal übernimmt und hierbei ein Steuersatz von (nur) 25 % zur Anwendung kommt. Dieses Niveau der Besteuerung stimmt mit der Abgeltungsteuer auf Kapitalerträge überein. Eine Günstigerprüfung soll es nicht geben und auch die sog. Fünftel-Regelung zur Abmilderung von Progressionseffekten soll keine Anwendung finden.
4. Reaktionen auf den Referentenentwurf
Die neuen Regelungen betreffend die Mitarbeiterbeteiligung im Entwurf des ZuFiG wurden von der Praxis durchweg begrüßt und als wichtige (aber auch notwendige) Stärkung des Investitionsstandorts Deutschland angesehen. Für das weitere Gesetzgebungsverfahren wurden insbesondere die folgenden Wünsche geäußert:
a) Bewertungsvereinfachung
Die Ermittlung der Höhe des geldwerten Vorteils aus der Gewährung der Mitarbeiterbeteiligung kann insbesondere bei Start-up Unternehmen schwierig sein, weil hierfür bisher keine einfachen, sachgerechten und anerkannten Bewertungsregeln existieren. Zwar sieht § 19a Abs. 5 EStG vor, dass der Wert im Rahmen einer Lohnsteueranrufungsauskunft durch das Betriebsstättenfinanzamt zu bestätigen ist. Vorzugwürdig wäre es, wenn der geldwerte Vorteil zeitlich vor der Gewährung der Mitarbeiterbeteiligung im Rahmen einer Lohnsteueranrufungsauskunft mit der Finanzverwaltung abgestimmt werden könnte und ggf. der Mitarbeiter auch selbst einen Antrag auf verbindliche Auskunft stellen könnte, um unliebsame Überraschungen zu vermeiden. Bisher ist dies, auch nach dem ZuFiG, nicht möglich.
b) Beteiligungsvehikel des Arbeitnehmers
Häufig halten die Mitarbeiter aus steuerlichen Gründen (§ 8b KStG) ihre Beteiligungen über ein Beteiligungsvehikel in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft. Diese Beteiligungsstruktur soll auch nach dem ZuFiG weiterhin nicht in den Anwendungsbereich des § 19a EStG fallen. Eine Erweiterung des Anwendungsbereichs in diesem Punkt würde die praktische Relevanz von § 19a EStG und die damit angestrebte Förderung von Mitarbeiterbeteiligungen deutlich erhöhen.
c) Andere Formen der Mitarbeiterbeteiligung
Wie schon bei der Einführung von § 19a EStG durch das Fondsstandortgesetz wird die Begrenzung des Anwendungsbereichs auf die Gewährung von „echten“ gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen kritisiert. Insbesondere bei handelbaren Stock Options wäre ein Besteuerungsaufschub wie in § 19a EStG ein probates Mittel zur Vermeidung von Dry Income. Unproblematisch im Hinblick auf Dry Income sind hingegen in der Regel sog. Virtual Shares, bei denen der (lohn-)steuerliche Zufluss erst im Zeitpunkt des Trigger Events (verbunden mit einer entsprechenden Zahlung an den Mitarbeiter) gegeben ist.
5. Fazit
Die geplanten Änderungen des § 19a EStG sind durchweg zu begrüßen. Wenn im weiteren Gesetzgebungsverfahren die Kritik aus der Praxis noch berücksichtigt wird, hat die Regelung aus unserer Sicht das Potential der Mitarbeiterbeteiligung in Deutschland erheblichen Rückenwind zu verschaffen.
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Dr. Reinhard Ege
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