Neuer M&A-Trend: So wirkt sich ESG auf die Legal Due Diligence aus

Environmental. Social. Governance. Diese drei Wörter hört man im M&A-Transaktionsprozess immer häufiger. Zahlreiche Investoren, vor allem Finanzinvestoren legen bei ihren Entscheidungen immer größeren Wert auf ESG-Faktoren. Einige von ihnen haben sich sogar vorgenommen, nur noch in solche Zielunternehmen zu investieren, deren Geschäftsaktivitäten eine positive Auswirkung auf den Erdplaneten haben – vom positiven ESG-Footprint oder dem Social Impact Investing ist hier die Rede.

Die Entwicklung lässt vermuten, dass die Bedeutung von ESG in sämtlichen Bereichen von M&A-Transaktionen weiter zunehmen wird. Allerdings haben sich bislang noch keine allgemein anerkannten oder ausformulierten Standards dazu, wie ESG-Faktoren in M&A Transaktionen zu berücksichtigen sind, herausgebildet. Dies gilt insbesondere für die Due Diligence. Einige Vorschläge.

Von Dr. Daniel Epe, Rechtsanwalt

 

Bei M&A-Transaktionen erfolgt die Überprüfung von ESG-Faktoren inzwischen immer häufiger in einer separaten, eigenen ESG-Due-Diligence. Hier werden das Zielunternehmen und seine Branche häufig aus verschiedenen Blickwinkeln (Finance, Commercial, Legal) betrachtet. Dabei werden Spezialisten der Bereiche Finance, Commercial oder Legal-Due-Diligence eingebunden, sobald detaillierteres Fachwissen zu bestimmten ESG-relevanten Themen benötigt wird.

Allerdings: Wenn ein Investor in einer M&A-Transaktion eine eigene ESG-Due-Diligence, neben den anderen üblichen Due Diligence-Bereichen, durchführt und damit die Bedeutung von ESG für seine Investitionsentscheidung demonstriert, würde es befremdlich wirken, wenn nicht auch die Legal Due Diligence die für sie relevanten ESG-Faktoren mit einbeziehen würde.

 

ESG-Faktoren in der Legal Due Diligence

Der ESG-Fokus einer Legal-Due-Diligence wird regelmäßig auf dem Bereich Governance (Unternehmensführung) liegen, weil eine Legal-Due-Diligence eher selten einen nennenswerten Beitrag zur Überprüfung der Wirkung eines Zielunternehmens in den Bereichen Environment und Social leisten kann.

Bereits bevor ESG-Themen in der Wirtschaft in den Fokus gerieten, haben sich unter den Begriffen Compliance und Corporate Governance gewisse anerkannte rechtliche Standards gebildet, die nun einen Beitrag zur Überprüfung von ESG-Faktoren in einer Legal Due Diligence leisten können.

Zudem könnten sich aus der Arbeitsrechts-Due Diligence sowohl zu Governance als auch mittelbar zu Social gewisse Erkenntnisse ergeben. Gleiches gilt für die Due Diligence der wesentlichen Verträge (Material Agreements) eines Zielunternehmens.

 

a) Compliance

Damit die rechtliche Compliance-Due-Diligence einen Beitrag zur ESG-Prüfung leisten kann, muss sie über die übliche Prüfung – Gibt es ein Compliance-System? Wie ist es ausgestaltet? Und: Gab es in der Vergangenheit Compliance-Verstöße? – hinaus gehen. Konkret könnten dabei folgende Bereiche relevant werden:

  • Überprüfung, ob das Zielunternehmen seine Pflicht zur Abgabe einer nicht-finanziellen Erklärung gemäß §§ 289b ff. HGB erfüllt hat: Konkret: Erläutert das Zielunternehmen innerhalb seines Lageberichts das eigene Geschäftsmodell und seinen Einfluss beziehungsweise seinen Beitrag in Bezug auf Umwelt-, Arbeitnehmer- und Sozialbelange sowie in Bezug auf Achtung der Menschenrechte und der Bekämpfung von Korruption und Bestechung?
  • Überprüfung von ESG-relevanten Zertifizierungen und Genehmigungen, z.B. EU-Konformitätserklärungen für Produkte, ISO-Zertifizierungen oder besondere regulatorische Vorschriften (z.B. für Medizinprodukte. Umweltrechtliche Genehmigungen sollten hingegen durch Umweltexperten geprüft werden.
  • Überprüfung, ob das Zielunternehmen die geltenden Transparenzvorschriften erfüllt, z.B. nach GwG/Transparenzregister (in Bezug auf sich selbst, aber auch in Bezug auf seine Kunden und Lieferanten im Rahmen von Geschäftsbeziehungen).
  • Überprüfung des (beruflichen und außerberuflichen) Verhaltens von Geschäftsführern und Schlüsselmitarbeiter, z.B. offengelegte Informationen/Anhaltspunkte zu wesentlichen Ordnungswidrigkeiten oder strafbarem Verhalten der relevanten Personen.
  • Überprüfung, ob Datenschutz-Vorschriften eingehalten werden.
  • Sofern vorhanden, Prüfung von ESG- oder vergleichbaren Unternehmensberichten in Bezug auf das Zielunternehmen.

 

b) Corporate Governance

Für den Bereich Governance bietet es sich an, in der Legal Due Diligence insbesondere folgende ESG-relevanten Themen zu überprüfen:

  • Ethic Codes of Conduct, z.B. in Bezug auf Mitarbeiterumgang, Management-Transparenz;
  • sofern einschlägig, Einhaltung des Deutschen Corporate Governance Kodex;
  • Qualität der Dokumentation von Managemententscheidungen;
  • Geschäftsordnungen für die Geschäftsführung in Bezug auf Kontrollmechanismen für Entscheidungen der Geschäftsführung, die potentiell hohe ESG-Auswirkungen haben könnten (z.B. Investition in neue strategische Bereiche oder Technologien durch das Zielunternehmen).
     

c) Arbeitsrecht

Auch die Legal Due Diligence zum Arbeitsrecht kann einen Beitrag bei der ESG-Überprüfung eines Zielunternehmens liefern:

  • Identifizierung von hoher Mitarbeiterfluktuation in einem Zielunternehmen kann ein Anhaltspunkt für interne ESG-Themen sein und wäre dem Bereich Social zuzuordnen;
  • Überprüfung zur Einhaltung von arbeitsrechtlichen Sicherheitsstandards wäre ein spezieller Unterpunkt zur Compliance-Due Diligence;
  • Überprüfung der Betrieblichen Übungen und Betriebsvereinbarungen in Bezug auf den Umgang mit Diversity- und Inklusionsthemen.

 

d) Wesentliche Verträge („Material Agreements“)

Schließlich kann die Legal Due Diligence auch bei der Überprüfung der wesentlichen Verträge eines Zielunternehmens ESG-Faktoren berücksichtigen:

  • Überprüfung von Codes of Conduct mit Lieferanten;
  • Identifizierung von Lieferanten aus Gegenden mit niedrigen ethischen-arbeitsrechtlichen Standards;
  • Prüfung zur Implementierung von ESG-relevanten Regelungen in Lieferantenverträge.

 

Wechselwirkung von ESG und Legal Due Diligence

Eine Legal-Due-Diligence, die solche (und weitere) ESG-Faktoren berücksichtig, bietet eine Reihe von Vorteilen: Wenn die Erkenntnisse der Legal-Due-Diligence mit den Team-Kollegen der eigentlichen ESG-Due-Diligence geteilt und abgestimmt werden, entsteht für den Investor vor allem ein umfassendes Bild zum ESG-Footprint des Zielunternehmens als Grundlage für seine Investitionsentscheidung. Die Erfahrung zeigt, dass die Due Diligence-Phase einer Transaktion durch Einbeziehung von ESG-Faktoren nicht beziehungsweise nicht-nennenswert verlängert wird. Eine separate ESG-Due-Diligence wird natürlich zu zusätzlichen Transaktionskosten führen, aber eine Legal-Due-Diligence wird durch die Einbeziehung von ESG-Faktoren nur unwesentlich zusätzliche Transaktionskosten auslösen. Zudem können nach dem Closing ESG-relevante Problemfelder schneller und effektiver angegangen werden, weil sie bereits identifiziert sind.

Darüber hinaus kann der Investor seinen Anspruch auf einen positiven ESG-Footprint gegenüber den eigenen Kapitalgebern und Co-Investoren mit einer Legal-Due-Diligence, die ESG-Faktoren berücksichtigt, verdeutlichen. Dies kann insbesondere auch für zukünftige Fundraising-Runden des Investors relevant sein.