Gründung von GmbHs/UGs und Handelsregisteranmeldungen: Ab nächsten Sommer ist das auch online möglich

Zum Ende der Legislaturperiode hat der Gesetzgeber noch ein wichtiges Gesetz auf den Weg gebracht: Ab August 2022 können GmbHs oder UGs in einem Online-Verfahren gegründet werden. Auch Handelsregisteranmeldungen, die Kapitalgesellschaften betreffen, sind dann vollständig online möglich. Wichtige praxisrelevante Maßnahmen, vor allem im Transaktionsbereich, bleiben bei dem neuen Gesetz allerdings außen vor. Ein Überblick.

Von Dr. Patrick Droese, Rechtsanwalt

Im August 2021 wurde das Gesetz zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie (DiRUG) im Bundesgesetzblatt verkündet und damit eine europäische Richtlinie in nationales Recht umgesetzt ((EU) 2019/1151 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 zur Änderung der Richtlinie (EU) 2017/1132 im Hinblick auf den Einsatz digitaler Werkzeuge und Verfahren im Gesellschaftsrecht).

Das bedeutet konkret:

  • Ab August 2022 wird die Bargründung einer GmbH oder UG (haftungsbeschränkt) in einem Online-Verfahren, das von der Bundesnotarkammer eingerichtet wird, möglich sein.
  • Auch die Abwicklung (samt elektronischer Beglaubigung) von Handelsregisteranmeldungen, die Kapitalgesellschaften betreffen, wird künftig vollständig online möglich sein.
  • Zudem wird der Zugriff auf das online geführte elektronische Handelsregister vereinfacht und kostenfrei möglich sein.

Wichtige praxisrelevante, gerade in der Transaktionspraxis stets wiederkehrende Maßnahmen, bleiben allerdings außen vor: Aktiengesellschaften und Sachgründungen hat der deutsche Gesetzgeber bewusst nicht in den Regelungsbereich des DiRUG aufgenommen. Ebenso wenig umfasst dieser sonstige beurkundungsbedürftige Maßnahmen – auch solche, die die GmbH und UG betreffen. Besonders hervorzuheben ist hier die Veräußerung von GmbH/UG-Geschäftsanteilen, Satzungsänderungen und Umwandlungsvorgänge.

 

I. Anwendungs- und Regelungsbereich des Online-Verfahrens

a) Gründung von GmbH und UG

Künftig wird neben der herkömmlichen Gründung in Gegenwart eines Notars die (Bar‑)Gründung einer GmbH oder UG im Online-Verfahren möglich sein. Die Online-Gründung kann auch als sogenannte gemischte Beurkundung erfolgen, indem einige Gründunggesellschafter online teilnehmen, während andere sich physisch bei dem beurkundenden Notar einfinden. Mit beurkundet werden können allerdings nur solche Gesellschafterbeschlüsse, die in der Gründungsurkunde gefasst werden, etwa zur Bestellung von Geschäftsführern. Auch bei der Online-Teilnahme können sich die Parteien durch Bevollmächtige aus dem In- oder Ausland vertreten lassen, wobei die entsprechenden Vollmachten (ggf. samt Vertretungsnachweisen und/oder Apostille/Legalisierung) dem Notar im Original vorliegen müssen – hier bringt das Online-Verfahren keine Erleichterungen mit sich.

Der Gesetzgeber hat sich dazu entschieden, die Möglichkeit der Online-Gründung auf die Bargründung der GmbH und UG zu beschränken und – obwohl dies gemäß der zugrundeliegenden EU-Richtlinie für alle Kapitalgesellschaften ausdrücklich möglich gewesen wäre – weder die Sachgründung noch die Gründung einer AG und KGaA mit einzubeziehen.

b) Notarielle Beglaubigung von Handelsregisteranmeldungen

Eine weitere wesentliche Neuerung ist die Möglichkeit, Handelsregisteranmeldungen für alle Kapitalgesellschaften (also inklusive der AG), Einzelkaufleute und Zweigniederlassungen künftig vollständig im Online-Verfahren abzuwickeln. Davon ausgenommen bleiben hingegen Handelsregisteranmeldungen, die Personenhandelsgesellschaften (also die Kommanditgesellschaft (KG) und die Offene Handelsgesellschaft (OHG)) betreffen. In diesen Fällen müssen die Handelsregisteranmeldungen nach wie vor über den herkömmlichen, analogen Weg erfolgen.

c) Handelsregisterabruf künftig kostenlos

Der Abruf von Informationen aus dem elektronischen Handelsregister und von dort eingereichten Dokumenten soll künftig kostenlos sein. Damit wird der deutsche Gesetzgeber der Digitalisierungsrichtline gerecht, mit der unter anderem erreicht werden soll, dass Registerinformationen über das Europäische System der Registervernetzung umfassend und kostenlos zugänglich sind. Die damit wegfallenden Einnahmen aus dem Abruf von Dokumenten aus den Handelsregistern (etwa Handelsregisterauszügen, Gesellschafterlisten etc.) sollen über eine Bereitstellungsgebühr kompensiert werden. Diese wird künftig fällig, wenn Informationen und Dokumente in das Handelsregister aufgenommen werden.

 

II. Ablauf Online-Verfahren

Zur praktischen Umsetzung der genannten Neuerungen wird die Bundesnotarkammer bis zum 1. August 2022 eine Online-Plattform einrichten und anschließend auch ausschließlich allein betreiben. Über diese Plattform wird es fortan möglich sein, vor dem Notar erforderliche Prozedere des Verlesens der Gründungurkunde, der Genehmigung und eigenhändigen Unterschrift im vollständig virtuellen Verfahren durchzuführen. Erforderlich ist aufseiten der Gründer ein PC, Laptop oder Tablet mit Kamera und Mikrofon sowie ein Smartphone und eine stabile Internetverbindung. Per Videokommunikation in Echtzeit verliest der Notar die Urkunde. Die Unterschriften der Gründer und des Notars werden durch eine über das Online-Portal beziehungsweise Smartphone generierte qualifizierte elektronische Signatur ersetzt (zur elektronischen Unterschrift siehe auch GLNS Newsletter-Beitrag von Eva Maier; GLNS Newsletter-Ausgabe 2/2021).

Die elektronische notarielle Niederschrift der Gründungsurkunde samt elektronischer Signatur ersetzt die Niederschrift in Papierform. Eine Ausnahme stellen solche Fälle dar, in denen das Online-Verfahren mit einem analogen Präsenzverfahren (gemischte Beurkundung) kombiniert wird: Hier geben die physisch präsenten Personen im herkömmlichen Verfahren ihre Willenserklärungen ab und unterzeichnen weiterhin analog. In diesen Fällen erstellt der Notar eine elektronische und eine inhaltsgleiche Niederschrift in Papier, die unter der gleichen Urkundennummer verwahrt wird.

Das Online-Verfahren hat ausschließlich über ein von der Bundesnotarkammer betriebenes Portal zu erfolgen. Sicherheitslücken sollen dadurch vermieden und der hoheitliche Charakter des Verfahrens gewahrt bleiben.

Während sich der Notar bisher durch physische Vorlage eines Ausweisdokuments von der Identität der Erschienenen überzeugte, erfolgt die Identifizierung im Online-Verfahren im Wege eines Zwei-Faktor Verfahrens:

(1) Jeder Erschienene benötigt einen elektronischen Identitätsnachweis (deutscher Personalausweis oder Aufenthaltstitel mit eID-Funktion oder deutsche eID Karte sowie eIDAS zertifizierte Ausweise von EU- Ausländern) sowie ein Smartphone, auf dem eine kostenfreie App der Bundesnotarkammer installiert ist. Über diese App wird die auf dem NFC-fähigen Identifizierungsnachweis gespeicherte eID samt Lichtbild ausgelesen und an den Notar übermittelt.

(2) Das so übermittelte Lichtbild wird sodann von dem Notar mit dem Erscheinungsbild der per Video zugeschalteten Personen abgeglichen. Für Angehörige von Drittstaaten (inklusive EWR) besteht diese Identifikationsmöglichkeit nicht – ihnen bleibt die Teilnahme an dem Online-Verfahren gänzlich verwehrt.

Nach dem gleichen Verifizierungsprozedere läuft auch die elektronische Signatur von Handelsregisteranmeldungen betreffend Kapitalgesellschaften sowie Einzelkaufleute und Zweigniederlassungen ab, die gemäß DiRUG künftig ebenfalls über das Online-Verfahren möglich sein werden.

Unter <https://www.online-verfahren.notar.de> gibt die Bundesnotarkammer einen kurzen Überblick über das neue Online-Verfahren. Erwähnenswert ist in dem Zusammenhang, dass sämtliche Notare in Deutschland grundsätzlich eine Online-Beurkundung anbieten müssen (Urkundsgewährungspflicht des Notars). Nur in Ausnahmefällen wird der Notar das Online-Verfahren ablehnen können. So etwa, wenn sich der Notar im Einzelfall per Videoportal nicht mit Gewissheit von der Identität einer Partei oder ihrer Geschäftsfähigkeit überzeugen kann.

Zudem gilt auch für das Online-Verfahren das Amtsbereichsprinzip. Das heißt, es muss ein örtlicher Anknüpfungspunkt zu dem beurkundenden Notar bestehen (Sitz der Gesellschaft im Amtsbereich des Notars beziehungsweise, bei ausländischen Gesellschaften, Geschäftsanschrift der Zweigniederlassung in dessen Amtsbereich, oder Wohnsitz/Sitz eines Gründers im Amtsbereich des Notars). Damit soll die Überlastung und überregionale Konzentration auf einzelne Notariate verhindert werden.

III. Nicht vom Online-Verfahren umfasste Vorgänge

Neben dem bereits erwähnten Ausschluss der Gründung von Aktiengesellschaften und KGaA, der Sachgründung (für alle Gesellschaftsformen) sowie der Beglaubigung von Handelsregisteranmeldungen betreffend die Personenhandelsgesellschaften, sind auch folgende Maßnahmen nicht per Online-Verfahren durchführbar: die Beurkundung von Satzungsneufassungen, Kapitalerhöhungen oder anderweitigen Anteilsübertragungen sowie Umwandungsmaßnahmen.

 

IV. Ein Blick aus der Praxis

Für Gründer, insbesondere solche, die sich nicht oder nur selten in derselben Region aufhalten, dürfte das neue Online-Verfahren eine deutliche Erleichterung mit sich bringen. Schließlich kann die Gründung nun bequem aus der Ferne und sogar aus dem Ausland erfolgen.

In der Transaktionspraxis entsteht oft und nicht selten sehr kurzfristig das Erfordernis, eine GmbH/UG in die Transaktionsstruktur aufzunehmen. Man denke insbesondere an das Aufsetzen einer GmbH als Erwerberin oder auch mehrerer Gesellschaften als Teil einer mehrstöckigen Erwerbs-/Transaktionsstruktur im Rahmen von M&A-Transaktionen. Bei einem reibungslosen Ablauf der Gründung soll der Vorgang bis zur Eintragung der neuen Gesellschaft im Handelsregister innerhalb von fünf Werktagen möglich sein – schließlich ist nach wie vor eine Kontoerrichtung und Einzahlung des Stammkapitals der Gesellschaft erforderlich, bevor das Registergericht die Gründung im Handelsregister einträgt und erst damit den Gründungvorgang abschließt. Gibt es der Transaktionsrahmen zeitlich her, lässt sich auch hier verhältnismäßig bequem über das Online-Verfahren operieren.

Oftmals wird vor allem im dynamischen Transaktionskontext aber nicht so viel Zeit zur Verfügung stehen und das „Vorhalten“ von eigenen Vorratsgesellschaften durch die Erwerbergruppe (sei es ein Konzern als strategischer Erwerber oder ein Private Equity/Venture Capital Fonds als Finanzinvestor) dürfte eher die Ausnahme darstellen (was z.B. Kosten- und/oder allgemein administrative Gründe haben kann).

In solchen Konstellationen wird das Online-Verfahren aus Zeitgründen oftmals keinen Mehrwert darstellen. Die regelmäßig genutzte Alternative, bei professioneller Herangehensweise, mitunter innerhalb weniger Stunden, eine GmbH von den diversen im Markt vertretenen Anbietern von Vorratsgesellschaften erwerben zu können, erhält in solchen Konstellationen eingeschränkte Konkurrenz durch das eingeführte Online-Verfahren.

Eine enorme Erleichterung für die Praxis wäre die Möglichkeit, auch den Erwerb von Geschäftsanteilen an einer GmbH oder UG künftig im Online-Verfahren durchführen zu können – sei es nur von Vorratsgesellschaften oder auch im Zusammenhang mit z.B. M&A-Transaktionen. Diese Option wurde im Zusammenhang mit dem DiRUG durchaus diskutiert, allerding sollte ein zu weitgehender „Schnellschuss“ angesichts der nicht unerheblichen verfahrensrechtlichen und -technischen Neuerungen vermieden werden. Ob sich der Gesetzgeber zu einem späteren Zeitpunkt an eine entsprechende Erweiterung des Online-Verfahren wagt, wird sicherlich auch davon abhängen, wie reibungslos das Verfahren in seiner aktuellen Ausgestaltung in der Praxis abläuft.

Dass Handelsregisteranmeldungen zu Kapitalgesellschaften künftig vollständig im Online-Verfahren abgewickelt werden können, ist aus Sicht der Praxis sehr zu begrüßen. Die Abstimmung der physischen Verfügbarkeiten der Vertreter der betroffenen Gesellschaften (man denke z.B. an Vorstände großer Aktiengesellschaften oder an im Ausland ansässige Geschäftsführer etc.) bleibt künftig erspart. Wünschenswert wäre sicherlich, Handelsregisteranmeldungen, die Kommanditgesellschaften betreffen, auch in den Anwendungsbereich des Online-Verfahrens aufzunehmen. Jedenfalls in praktischer Hinsicht drängt es sich nicht auf, die Kommanditgesellschaft hier anders zu behandeln, als eine Kapitalgesellschaft.