Die Wahl des richtigen Versammlungs­orts für eine GmbH-Gesell­schafter­versammlung – so geht's

Die Beanstandung der Wahl des richtigen Versammlungsortes für eine GmbH-Gesellschafterversammlung ist ein Dauerbrenner, wenn es darum geht, gegen (unliebsame) Gesellschafterbeschlüsse vorzugehen. Aktuell hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass die Ladung zur Gesellschafterversammlung in die Räume eines verfeindeten Gesellschafters unzumutbar sei und zur Anfechtbarkeit der dort gefassten Beschlüsse führe (BGH, Beschluss vom 24.03.2016 – IX ZB 32/15). Nachfolgend sollen die Erwägungen des Bundesgerichtshofs und anlässlich dieser aktuellen Entscheidung auch die Grundsätze zur Wahl des richtigen Versammlungsortes dargestellt werden.

I. Aktuelle BGH-Entscheidung zur Wahl des Versammlungsortes und des Versammlungslokals

Der Bundesgerichtshof hatte jüngst über einen Fall zu entscheiden, in dem der Gesellschafter A als einer von insgesamt zwei verfeindeten Gesellschaftern einer GmbH zu einer Gesellschafterversammlung in seine Privaträume einlud. Dies allerdings nur hilfsweise, vorrangig sollte die Gesellschafterversammlung in den Geschäftsräumen der GmbH stattfinden. Allerdings befürchtete A, dass der Ehemann seiner Mitgesellschafterin B als Vermieter der Geschäftsräume der GmbH ihm den Zugang zu diesen Geschäftsräumen verwehren würde. Diese Befürchtung des Gesellschafters A trat auch tatsächlich ein, sodass die Gesellschafterversammlung in seinen Privaträumen in Abwesenheit der Mitgesellschafterin B stattfand.

War dies eine zulässige Wahl? Nicht nach Ansicht des Bundesgerichtshofs: Dieser stellte fest, dass die Privaträume eines Gesellschafters für einen mit diesem verfeindeten Gesellschafter einen unzumutbaren Versammlungsort darstellten. Denn der betroffene Mitgesellschafter befände sich von vornherein in einer Umgebung, in der sich der andere Mitgesellschafter, mit dem er im Streit liege, im Gegensatz zu ihm vertraut bewegen könne. Dies gelte auch dann, wenn wie vorliegend die Ladung in die Privaträume des A nur hilfsweise für den Fall erfolgt sei, dass der Zugang zu den Gesellschaftsräumen durch den eigenen Ehemann der B verwehrt sei.

Der an einem unzulässigen Versammlungsort gefasste Gesellschafterbeschluss sei deswegen mit einem Verfahrensmangel behaftet. Dies begründe allerdings nicht die Nichtigkeit des in der Gesellschafterversammlung gefassten Beschlusses, sondern ermögliche lediglich dessen Anfechtung (innerhalb der Anfechtungsfrist). Zur Nichtigkeit des Gesellschafterbeschlusses führe die fehlerhafte Wahl des Versammlungsortes lediglich dann, wenn hierdurch einem Gesellschafter die Teilnahme an der Versammlung in einer Weise erschwert werde, die einer Verhinderung gleichkomme. Dies sei in Fällen, in denen in die Privaträume eines verfeindeten Gesellschafters geladen werde, ganz grundsätzlich nicht der Fall und hier insbesondere vor dem Hintergrund abzulehnen, dass es die B selbst in der Hand hatte, die Versammlung in den Räumen der Gesellschaft zu ermöglichen.

II. Grundsätze für die Wahl des Versammlungsortes und der Versammlungsstätte

1. Wahl des Versammlungsortes ohne Satzungsregelung

Das GmbHG trifft keine Regelung zum Ort der Gesellschafterversammlungen. Dies bedeutet allerdings nicht, dass der zur Einberufung Berechtigte in der Wahl des Versammlungsortes völlig frei ist. Bei Fehlen einer Satzungsbestimmung wird in Anlehnung an § 121 Abs. 5 S. 1 AktG als richtiger Versammlungsort grundsätzlich der Sitz der Gesellschaft (d. h. gemäß § 4a GmbHG die in der Satzung angegebene, inländische Gemeinde) gesehen. Abweichungen hiervon (auch ohne Satzungsbestimmung) sind u. a. zulässig, wenn am Sitz der Gesellschaft kein geeignetes Versammlungslokal vorhanden ist oder die Verkehrsverbindung dorthin gestört ist.

Vom Versammlungsort zu unterscheiden ist das Versammlungslokal bzw. die Versammlungsstätte. Dessen Auswahl liegt stets im pflichtgemäßen Ermessen des Einberufungsberechtigten. Vorzugswürdig sind bei deren Eignung die Geschäftsräume der Gesellschaft. Sind diese Räume jedoch ungeeignet, z. B mangels Größe oder weil die Vertraulichkeit nicht gewährleistet werden kann, ist auf geeignete Räume auszuweichen. Der Einberufungsberechtigte hat hierbei die berechtigten Interessen aller Gesellschafter zu wahren. Umstritten ist, ob das gewählte Versammlungslokal notwendigerweise einen für alle Gesellschafter „neutralen Ort“ darstellen muss. Grenzen sind der Wahl des Versammlungsortes jedenfalls dann gesetzt, wenn dieser für einen Gesellschafter unzumutbar ist. Neben dem vom Bundesgerichtshof jüngst entschiedenen Fall, ist es für einen Gesellschafter aus ähnlichen Erwägungen ebenfalls unzumutbar, in die Kanzleiräume des Rechtsanwalts der Gegenpartei geladen zu werden.

2. Abweichende Satzungsregelungen

Abweichendes kann in der Satzung in großem Umfang geregelt werden: Die Satzung kann zunächst jeden Ort als Versammlungsort bestimmen, sofern das Teilnahmerecht der Gesellschafter gewahrt bleibt. Zulässig ist dabei grundsätzlich jeder Ort, der von jedem Gesellschafter in zumutbarer Zeit erreicht werden kann. Bei einem Ort im Inland wird grundsätzlich von Zumutbarkeit für die Gesellschafter ausgegangen.

Daneben kann die Satzung die Ermächtigung des Geschäftsführers enthalten, den Versammlungsort selbst zu wählen. Dem Geschäftsführer kommt in diesen Fällen zwar grundsätzlich ein weiter Ermessensspielraum zu, er hat sich allerdings an den Interessen sämtlicher Gesellschafter zu orientieren. Er darf keinen Ort auswählen, der das Teilnahmerecht eines Gesellschafters aufgrund mangelnder Erreichbarkeit faktisch untergräbt oder der für einen Gesellschafter aus anderen Gründen unzumutbar ist.

Schließlich können die Gesellschafter auch selbst einen Versammlungsort wählen. Dies ist für die jeweils nächste Versammlung entweder mittels schriftlichen (Mehrheits-) Beschlusses gemäß § 48 Abs. 2 GmbHG oder im Rahmen einer Versammlung möglich.

Die Wahl des Versammlungslokals obliegt auch in den vorgenannten Fällen demjenigen, der zur Einberufung der Versammlung berechtigt ist. Hierbei gelten die unter 1. genannten Grundsätze.

III. Folgen der fehlerhaften Ortswahl

Die Wahl eines unzulässigen Versammlungsortes kann sowohl die Nichtigkeit als auch die (fristgebundene) Anfechtbarkeit der in der jeweiligen Versammlung gefassten Beschlüsse zur Folge haben. Nach den oben skizzierten Grundsätzen des Bundesgerichtshofs führt die fehlerhafte Wahl des Versammlungsortes allerdings nur dann zur Nichtigkeit des Beschlusses, wenn dies einer Nichtladung eines Gesellschafters gleichkommt. Da der Bundesgerichtshof dies selbst für die vorgestellte Situation verneint hat, dürfte die fehlerhafte Ortswahl nur in den seltensten Fällen zur Nichtigkeit führen.