Der Anteilserwerb durch ausländische Investoren: die Änderung der Außenwirtschaftsverordnung und deren Einfluss auf den M&A Prozess

Die am 12. Juli 2017 beschlossene Änderung der Außenwirtschaftsverordnung enthält wichtige Neuerungen für die M&A Praxis, die bei Unternehmenskäufen durch ausländische Investoren in sicherheitsrelevanten Bereichen frühzeitig berücksichtigt werden sollten. Im Folgenden werden daher nach einem Überblick die wesentlichen Neuerungen sowie die Auswirkungen auf den M&A Prozess dargestellt:

I. Überblick und Verfahren

Mit der Änderung der Außenwirtschaftsverordnung reagiert die Bundesregierung auf die wachsende Bedeutung sogenannter versorgungsrelevanter Schlüsselinfrastrukturen, rüstungstechnologische Entwicklungen sowie auf die gestiegene Zahl und Komplexität der Unternehmenserwerbe durch ausländische Investoren. Als Auslöser der neuen Verordnung werden auch die 2016 erfolgte Übernahme des Roboterbauers KUKA durch den chinesischen Elektrogeräte-Hersteller Midea und die versuchte Übernahme des Technologieunternehmens Aixtron durch die chinesische Fujian Grand Chip Investment angesehen. Diese Änderungen sind daher insbesondere für die M&A Branche relevant.

Grundsätzlich kann in Deutschland der Erwerb einer Beteiligung (auch mittelbar) von mindestens 25 Prozent der Stimmrechte an einem inländischen Unternehmen durch ausländische Investoren in bestimmten, sicherheitsrelevanten Bereichen durch das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) geprüft werden. Der Erwerb muss dem BMWi angezeigt werden und das BMWi kann sodann innerhalb von drei Monaten ein Prüfverfahren eröffnen, weitere Unterlagen anfordern und für weitere drei bzw. vier Monate eine Prüfung vornehmen. Dabei wird überprüft, ob solche Erwerbe geeignet sind, die öffentliche Ordnung oder wesentliche Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden. Im äußersten Fall kann das BMWi mit Zustimmung der Bundesregierung den Erwerb untersagen oder mit Auflagen versehen.

Die Verfahrensanforderungen unterscheiden dabei grundsätzlich zwischen dem besonders sicherheitsrelevanten sog. sektorspezifischen Bereich, der z.B. Rüstung und Kryptotechnologie umfasst, und dem sog. sektorübergreifenden Bereich, der alle übrigen Bereiche umfasst und nunmehr insbesondere auf den Bereich der kritischen Infrastruktur abstellt.  Im sektorspezifischen Bereich kann ein Erwerb durch jeden ausländischen Erwerber geprüft werden, während im sektorübergreifenden Bereich nur Erwerbe durch Investoren aus Staaten außerhalb der Europäischen Union oder der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) geprüft werden können.

II. Neuerungen

Mit der Änderung der Außenwirtschaftsverordnung wurden im Wesentlichen die folgenden Neuerungen eingeführt:

  • Erweiterung des Anwendungsbereiches

Der Kreis der einer Prüfung unterliegenden Unternehmen wurde konkretisiert und erweitert. Nunmehr sind im sektorübergreifenden Bereich insbesondere Unternehmen im Bereich der kritischen Infrastruktur und Softwareunternehmen, die einem solchen Unternehmen zuarbeiten, erfasst. Kritische Infrastrukturen sind Einrichtungen im Bereich Energie, Informationstechnik und Telekommunikation, Transport und Verkehr, Gesundheit, Wasser, Ernährung sowie Finanz- und Versicherungswesen, die von hoher Bedeutung für das Funktionieren des Gemeinwesens sind. Daneben sind auch (nicht abschließend) Unternehmen, die mit Überwachungsmaßnahmen nach dem Telekomunikationsgesetz betraut sind, Cloud Computing Dienste erbringen oder Dienste für die Telematikinfrastruktur erbringen betroffen. Zudem wurde der sektorspezifische Bereich um verteidigungspolitische Schlüsseltechnologien erweitert.

  • Meldepflicht

Eine weitere Neuerung ist die Einführung einer schriftlichen Meldepflicht bei Abschluss eines schuldrechtlichen Vertrages über den Erwerb eines der sektorübergreifenden Prüfung unterliegenden Unternehmens gegenüber dem BMWi.

  • Fristverlängerung

Die Frist zur Entscheidung des BMWis, ob ein Prüfverfahren eingeleitet wird, wurde von einem Monat auf drei Monate nach Kenntniserlangung von dem Erwerb verlängert. Die Dauer des Prüfverfahrens selber wurden von (i) zwei auf vier Monate im sektorübergreifenden Bereich und (ii) von einem auf drei Monate im sektorspezifischen Bereich, jeweils nach Einreichung sämtlicher Unterlagen über den Erwerb verlängert. Während der Verhandlungen zwischen den am Erwerb Beteiligten mit dem BMWi ist der Fristablauf gehemmt, sodass das Prüfverfahren im Einzelfall auch länger dauern kann.

  • Umgehung und mittelbar Beteiligte

Zudem wurden die Voraussetzungen, unter denen eine mißbräuchliche Umgehung, etwa durch die Zwischenschaltung einer inländischen Gesellschaft, angenommen werden kann, verschärft und der Kreis der Informationspflichtigen gegenüber dem BMWi auf mittelbar am Erwerbsprozess Beteiligte erweitert.

III. Auswirkungen auf die Praxis

Die praktischen Auswirkungen der Änderungen sind mannigfaltig. Auch wenn das BMWi nur von wenigen zusätzlichen Anmeldungen ausgeht, werden in der Praxis voraussichtlich nicht nur mehr M&A Prozesse der Anmeldepflicht unterworfen sein, auch Intensität und Dauer der Prüfungen werden zunehmen. Damit haben die Änderungen auch Auswirkungen auf den zeitlichen Rahmen des M&A Prozesses. So kann z.B. die Prüfung des Erwerbs einer Beteiligung an einem Unternehmen im Bereich der kritischen Infrastruktur ab der Anmeldung sieben Monate in Anspruch nehmen, zuzüglich der Zeit, die für die Einreichung vollständiger Unterlagen im Falle der Prüfung benötigt wird und ggf. zuzüglich der Zeit, in der Verhandlungen zwischen dem BMWi und den Parteien stattfinden.

Angesichts der erheblich längeren Fristen und des damit verbundenen Stillstands des Erwerbsprozesses, sollten die Parteien eine frühzeitige vertrauliche Einbindung des BMWi in den Erwerbsprozess erwägen und die Dauer einer ggf. erforderlichen Prüfung durch das BMWi in den zeitlichen Transaktionsrahmen einkalkulieren. Die Zulässigkeit des Erwerbs nach der Außenwirtschaftsverordnung ist ggf. als Vollzugsvoraussetzung in den Vertrag aufzunehmen, da der Kaufvertrag gem. § 15 Abs. 2 AWG unter der auflösenden Bedingung einer Untersagung steht. Sofern das Zielunternehmen im Bereich der kritischen Infrastruktur tätig ist, kann es zudem empfehlenswert sein, die Erteilung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung nach § 58 AWV zu beantragen, um frühzeitig Rechtssicherheit zu erlangen. Diese gilt automatisch als erteilt, wenn das BMWi nicht innerhalb von zwei Monaten nach Antragsstellung eine Prüfung einleitet oder die Unbedenklichkeitsbescheinigung erteilt. Damit kann die Untersuchung des BMWi, ob ein Prüfverfahren eingeleitet wird, ggf. zumindest um einen Monat verkürzt werden.