Transaktionsrelevante steuerliche Änderungen zum Jahreswechsel

Am 23.11.2018 wurde das Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet (vormals „Jahressteuergesetz 2018“) vom Bundesrat verabschiedet. Neben umsatzsteuerlichen Änderungen zur Verhinderung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren auf Internetplattformen (Ebay, Amazon etc.) enthält das Gesetz – teilweise als Reaktion auf die Rechtsprechung von EuGH, BVerfG und BFH – auch zahlreiche weitere steuerliche Änderungen. Die für die die Transaktionspraxis und -strukturierung wichtigen Änderungen sollen im Folgenden kurz dargestellt werden.

I. Verlustuntergangsnorm § 8c KStG

1. Reaktion auf Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts

Nach der geltenden Regelung des § 8c KStG geht der Verlustvortrag einer Körperschaft anteilig unter, wenn mehr als 25 % der Anteile der Körperschaft innerhalb von fünf Jahren an einen Erwerber übertragen werden (quotaler Verlustuntergang – § 8c Abs. 1 S. 1 KStG). Der Verlustvortrag geht vollständig unter, wenn mehr als 50 % der Anteile innerhalb von fünf Jahren an einen Erwerber übertragen werden (vollständiger Verlustuntergang – § 8c Abs. 1 S. 2 KStG). Mit Beschluss vom 29.03.2018 hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG, BvL 6/11) festgestellt, dass die Regelung über den quotalen Verlustuntergang für nach dem 31.12.2007 und vor dem 01.01.2016 vollzogene Anteilserwerbe verfassungswidrig ist. Gleichzeitig hatte das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber aufgetragen, bis spätestens 31.12.2018 eine Neuregelung zu schaffen.

Der Gesetzgeber hat auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts reagiert und § 8c Abs. 1 S. 1 KStG rückwirkend geändert und die Regelung über den quotalen Verlustuntergang insgesamt für Erwerbe nach dem 31.12.2007 abgeschafft. Für bereits vollzogene Anteilsübertragungen entfaltet die Änderung in der Praxis jedoch nur Wirkung, soweit die jeweiligen Steuerbescheide noch nicht bestandskräftig sind.

Im Gesetzesentwurf der Bundesregierung war zunächst nur die Streichung der Regelung über den quotalen Verlustuntergang für Anteilsübertragungen bis zum 01.01.2016 vorgesehen (Einfügung des § 8d KStG über den fortführungsgebundenen Verlustvortrag (siehe hierzu GLNS Newsletter 3/2016. Erst im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens wurde die Regelung über den quotalen Verlustuntergang insgesamt abschafft.

Die Reaktion des Gesetzgebers ist lediglich als Minimalreaktion auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hinsichtlich quotalen Verlustuntergangs anzusehen. Allerdings bestehen auch hinsichtlich des vollständigen Verlustuntergangs § 8c Abs. 1 S. 2 KStG verfassungsrechtliche Bedenken (ein entsprechendes Verfahren ist beim Bundesverfassungsgericht unter Az. 2 BvL 19/17 anhängig). Konsequenter wäre es gewesen, die Regelung über den Verlustuntergang insgesamt verfassungskonform auszugestalten. Vor dem Hintergrund des anhängigen Verfahrens sollten entsprechende Steuerbescheide/Verlustfeststellungsbescheide bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts offen gehalten werden.

2. Rehabilitierung der sog. Sanierungsklausel in § 8c Abs. 1a KStG

Die sog. Sanierungsklausel des § 8c Abs. 1a KStG sieht eine Ausnahme vom Untergang der Verlustvorträge vor, wenn die (schädliche) Anteilsübertragung zum Zwecke der Sanierung der Zielgesellschaft erfolgt. Nachdem die EU-Kommission die Sanierungsklausel im Jahr 2011 als rechtswidrige Beihilfe eingestuft hatte, musste der Gesetzgeber die Anwendung der Norm bis zur Entscheidung des EuGH suspendieren (§ 34 Abs. 6 KStG). Zwischenzeitlich hat der EuGH den Beschluss der EU-Kommission für nichtig erklärt (EuGH-Urteile vom 28.06.2018, C-203/16 und C-209/16). Nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens kommt die Sanierungsklausel nun wieder (rückwirkend) bei Anteilserwerben nach dem 31.12.2007 zur Anwendung.

II. Beschränkte Steuerpflicht für Veräußerungsgewinne aus Anteilen von Immobiliengesellschaften

Bei der (Neu-)Verhandlungen über Doppelbesteuerungsabkommen orientiert sich Deutschland regelmäßig an dem OECD-MA. Das neue OECD-Musterabkommen zur Vermeidung von Doppelbesteuerung (in der Fassung von 2017) („OECD-MA“) weist das Besteuerungsrecht für die Gewinne aus der Veräußerung von Immobiliengesellschaften dem Staat zu, in dem das unbewegliche Vermögen belegen ist. Dies gilt dann, wenn zu irgendeinem Zeitpunkt während der 365 Tage vor der Veräußerung der Wert der Anteile unmittelbar oder mittelbar zu mehr als 50 v. H. auf dort belegenem unbeweglichem Vermögen beruht (Art. 13 Abs. 4 OECD-MA).

Bislang konnten Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an ausländischen Immobiliengesellschaften mit inländischem Grundbesitz jedoch in Deutschland nicht besteuert werden. Es fehlte im Katalog des § 49 EStG („inländische Einkünfte“) ein Anknüpfungspunkt für eine (beschränkte) Steuerpflicht im Inland. Die nunmehr eingeführte Neuregelung (§ 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. e EStG) ermöglicht es Deutschland nun, das in einem etwaigen Doppelbesteuerungsabkommen zugewiesene Besteuerungsrecht hinsichtlich der Veräußerungsgewinne auch auszuüben. Zur Ermittlung der 50 %-Quote sind die aktiven Wirtschaftsgüter mit den auf den maßgeblichen Zeitpunkt fortentwickelten Anschaffungskosten anzusetzen. Die Neuregelung ist erstmals auf Gewinne aus Veräußerungen, bei denen die Veräußerung nach dem 31.12.2018 erfolgt, anzuwenden. Das Besteuerungsrecht erstreckt sich dabei nur auf die Gewinne, denen Wertsteigerungen nach dem 31.12.2018 zugrunde liegen, d.h. bis zum 31.12.2018 entstandene stille Reserven in den Anteilen an der Immobiliengesellschaft werden nicht erfasst.

Die Umsetzung der Neuregelung dürfte erhebliche praktische Probleme für den potentiell steuerpflichtigen Anteilseigner, die ausländische Immobiliengesellschaft und auch für die Finanzverwaltung mit sich bringen. Denn maßgeblich ist, ob in den 365 Tagen vor der jeweiligen Anteilsveräußerung der Anteilswert zu mehr als 50 % auf inländischem Grundbesitz beruhte.

III. Entwicklungen im Grunderwerbsteuerrecht / Regelung zum Share Deal

Im Laufe dieses Jahres hatte die Finanzministerkonferenz Eckpunkte für eine Reform der Grunderwerbsteuer im Bereich der Anteilsübertragungen an grundbesitzenden Gesellschaften (sog. Share Deals) beschlossen. Ein konkretes Gesetzgebungsverfahren wurde bislang hinsichtlich der Vorschläge der Finanzministerkonferenz (noch) nicht eingeleitet. Gegenstand der Reformvorschläge waren insbesondere folgende Punkte:

  • Die Ergänzungstatbestände (§ 1 Abs. 2a, § 1 Abs. 3 und § 1 Abs. 3 a GrEStG), wonach die Übertragung von Anteilen an grundbesitzenden Gesellschaften der Übertragung des Grundstücks gleich unter bestimmten Voraussetzungen gestellt wird, knüpfen bisher an eine Beteiligungshöhe von 95 % an. Diese Grenze soll auf 90 % gesenkt werden.  

  • Die grunderwerbsteuerlichen Behaltensfristen (bspw. § 1 Abs. 2a; § 5 und § 6 GrEStG) sollen von derzeit 5 Jahren auf 10 Jahre verlängert werden.  

  • Entsprechend der bereits bestehenden Regelung zur Steuerbarkeit von Gesellschafterwechseln bei Personengesellschaften soll eine vergleichbare Regelung für den Gesellschafterwechsel bei Kapitalgesellschaften eingeführt werden (§ 1 Abs. 2b GrEStG-E). Änderungen im Gesellschafterbestand einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft in einem Umfang von mindestens 90 % innerhalb eines Zeitraums von 10 Jahren sollen Grunderwerbsteuer auslösen. Mit dieser Änderungen sollen Gestaltungen erschwert werden, bei denen der Anfall von Grunderwerbsteuer beim Erwerb von grundbesitzenden Kapitalgesellschaft durch einen „mitgebrachten“ Co-Investor verhindert wird.

Am 29.11.2018 hat die Finanzministerkonferenz Gesetzesvorschläge für die Anpassung des Grunderwerbsteuergesetzes beschlossen. Das Bundesfinanzministerium (BMF) soll die Vorschläge der Finanzministerkonferenz, die bislang nicht im Detail veröffentlicht wurden, in das Gesetzgebungsverfahren einbringen. Offen ist, wann das BMF einen Gesetzesentwurf ins Gesetzgebungsverfahren einbringen wird. Die weiteren Entwicklungen sollten sehr genau im Auge behalten werden, um ggf. noch rechtzeitig vor Inkrafttreten der Neuregelungen Gestaltungsmaßnahmen umsetzen bzw. die Änderungen bei der Transaktionsstrukturierung berücksichtigen zu können.